Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger ... - RKI
Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger ... - RKI
Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger ... - RKI
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
122 Spezielle Krankheiten HIV-Infektion<br />
Im Jahr 2010 wurden 20 HIV-Infektionen bei<br />
Kindern bis 14 Jahren diagnostiziert. Elf Kinder<br />
wurden von HIV-infi zierten Müttern in Deutschland<br />
geboren. In 4 Fällen war der Schwangeren<br />
kein Test angeboten worden, 3 dieser Schwangerschaften<br />
liegen allerdings schon einige Jahre zurück.<br />
Nur in einem aktuellen Fall war der (mehrfachen)<br />
Mutter kein HIV-Test angeboten worden, in<br />
5 Fällen war die HIV-Infektion der Mutter vor der<br />
Geburt bekannt, in einem Fall erfolgte die HIV-<br />
Diagnose erst im 8. Schwangerschaftsmonat und<br />
in einem Fall erfolgte die HIV-Serokonversion der<br />
Mutter im Verlauf der Schwangerschaft nach einem<br />
negativen HIV-Test in der Frühschwangerschaft.<br />
Neun Kinder sind bereits infi ziert nach<br />
Deutschland eingereist.<br />
Im Rückblick auf die vergangenen 10 Jahre<br />
zeigen sich unterschiedliche Trends für die verschiedenen<br />
Transmissions risiken. Anzahl und<br />
Anteil der MSM an den HIV-Erstdiagnosen sind<br />
seit 2001 kontinuierlich gestiegen, von ca. 46 %<br />
der Meldungen im Jahr 2001 auf 68 % der Meldungen<br />
im Jahr 2010. Der Anteil der Meldungen<br />
mit Angabe eines heterosexuellen Risikos liegt wie<br />
in den Vorjahren bei knapp 20 %. Zurückgegangen<br />
sind die Anteile der Meldungen mit Angabe<br />
eines Drogen-assoziierten Infektionsrisikos (von<br />
9 % auf 4 %) und der Anteil der Meldungen von<br />
Migranten aus Hochprävalenzregionen (von 25 %<br />
auf 11 %).<br />
Damit einher gehen auch Veränderungen in<br />
der Altersstruktur der neu Diagnostizierten. Bei<br />
MSM steigen die Inzidenzen der Erstdiagnosen in<br />
den betroff enen Altersgruppen 15 bis 59 Jahre bis<br />
2008 weitgehend parallel an. Seit 2008 bleiben<br />
sie bei den über 30-jährigen Männern stabil, während<br />
sie bei den unter 30-Jährigen weiter ansteigen,<br />
besonders ausgeprägt bei den 20- bis 24-Jährigen.<br />
Bei Menschen mit heterosexuellem Transmissionsrisiko<br />
steigen die Diagnoseraten in allen Altersgruppen<br />
an, am deutlichsten bei den 30- bis<br />
59-Jährigen.<br />
Bei i. v.-Drogengebrauchern und bei Migranten<br />
aus Hochprävalenzländern bleiben die Neudiagnoseraten<br />
bei den über 30-Jährigen weitgehend<br />
stabil, während sie bei den jüngeren Drogengebrauchern<br />
und Migranten seit 2005 deutlich zurückgehen.<br />
Nachgewiesene Erreger<br />
Fast alle gemeldeten Fälle waren auf Infektionen<br />
mit HIV-1 zurückzuführen. Es wurden 7 Infektionen<br />
mit HIV-2 (0,2 %) neu diagnostiziert.<br />
Datenqualität<br />
Neben den dargestellten 2.918 gesicherten HIV-<br />
Erstdiagnosen wurden dem <strong>RKI</strong> weitere 1.686<br />
HIV-Diagnosen gemeldet, bei denen nicht bekannt<br />
ist, ob es sich um Erstdiagnosen handelt sowie 777<br />
Fälle, die als Mehrfachmeldungen gekennzeichnet<br />
waren und 135 Fälle, die aus anderen Gründen den<br />
<strong>RKI</strong>-internen Fallkriterien nicht entsprachen. Diese<br />
Meldungen fanden keinen Eingang in die Auswertung.<br />
Unter den Meldungen, die weder explizit<br />
als Erstdiagnose noch als Mehrfachmeldung gekennzeichnet<br />
sind, muss noch ein unbekannter<br />
Anteil von Erstdiagnosen vermutet werden. Deshalb<br />
stellt die Angabe von 2.918 HIV-Erstdiagnosen<br />
die untere Grenze der tatsächlichen HIV-Erstdiagnosen<br />
dar.<br />
Die Bestimmung der Inzidenz der HIV-Neuinfektionen<br />
ist aus verschiedenen Gründen methodisch<br />
schwierig. Die Meldungen über HIV-Erstdiagnosen<br />
erlauben keinen direkten Rückschluss auf<br />
den Infektionszeitpunkt, da Infektion und Test<br />
zeitlich weit auseinander liegen können. In einer<br />
bundesweiten Studie des <strong>RKI</strong> wurde festgestellt,<br />
dass etwa ein Drittel der neu diagnostizierten HIV-<br />
Infektionen in Deutschland im Jahre 2009 kürzlich<br />
erworbene Infektionen waren (innerhalb der<br />
vorangegangenen 6 Monate), die übrigen Infektionen<br />
liegen länger, z. T. bereits viele Jahre zurück.<br />
Die Inzidenz der HIV-Erstdiagnosen darf deshalb<br />
nicht mit der Inzidenz der HIV-Neuinfektionen<br />
gleichgesetzt werden. Trotzdem bieten die Meldungen<br />
über HIV-Erstdiagnosen – in Ermangelung<br />
besserer Datenquellen zur HIV-Inzidenz –<br />
die derzeit bestmögliche Abschätzung des<br />
aktuellen Infektionsgeschehens.<br />
Fazit<br />
Der seit 2001 beobachtete Anstieg der HIV-Meldezahlen<br />
scheint seit 2008 in ein Plateau überzugehen.<br />
Die geringfügigen weiteren Anstiege bei<br />
MSM könnten auch durch zunehmende Testbereitschaft<br />
und einen Abbau des Anteils bisher undiagnostizierter<br />
Infektionen erklärt werden. Die<br />
Anstiege der letzten Jahre betrafen in erster Linie