Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger ... - RKI
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206 Spezielle Krankheiten Virale Hämorrhagische Fieber<br />
der Regel durch Kontakt mit infektiösen Tierausscheidungen<br />
oder Patientenblut. Die Mehrzahl der<br />
Erkrankungen verläuft relativ mild mit grippeähnlichen<br />
Symptomen. Bei jedem fünften Infi zierten<br />
kommt es allerdings zur Schädigung verschiedener<br />
Organe mit einer Sterblichkeit von etwa 15 %.<br />
Das Chikungunyavirus gehört in die Familie<br />
der Togaviren und kommt in zahlreichen afrikanischen<br />
Ländern (Senegal, Gambia, Guinea,<br />
Tansania) sowie im Süden und Südosten Asiens<br />
(Philippinen, Malaysia, Thailand, Kambodscha,<br />
Myanmar, Sri Lanka, Indien, Indonesien, Saudi-<br />
Arabien) vor. Es kann große, z. T. über Jahre anhaltende<br />
Epidemien verursachen. Primaten und andere<br />
Aff en sowie vermutlich Nagetiere bilden das<br />
Reservoir. Die Übertragung erfolgt über Stechmücken<br />
der Gattung Aedes. Nach einer Inkubationszeit<br />
von 2 bis 7 Tagen kommt es zu einem<br />
plötzlichen schnellen Fieberanstieg sowie Kopf-,<br />
Muskel- und Gelenkschmerzen. Die häufi g beidseitig<br />
auftretenden Gelenkbeschwerden können<br />
nach Entfi eberung noch Wochen oder Monate lang<br />
anhalten. Hämorrhagische Manifestationen in<br />
Form von Petechien oder Nasenbluten können<br />
sich bei einem Viertel der Patienten einstellen. Die<br />
Erkrankung verläuft selten tödlich. Ein Impfstoff<br />
ist nicht verfügbar.<br />
Das Rift-Valley-Fieber-Virus gehört in die Familie<br />
der Bunyaviren. Die Erkrankung tritt meist<br />
in Ostafrika und im arabischen Raum auf. Das Virus<br />
ist hochpathogen für Rinder, Schafe und Ziegen<br />
und wird bei Tieren vor allem durch Mücken<br />
übertragen. Infektionen des Menschen treten<br />
meist im Zusammenhang mit Tierepidemien auf.<br />
Beim Menschen kann das Virus außer durch Vektoren<br />
auch durch kontaminierte Aerosole oder direkten<br />
Kontakt zu infi zierten Tieren übertragen<br />
werden. Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 6 Tage.<br />
Zumeist verläuft das Rift-Valley-Fieber beim Menschen<br />
als unspezifi sche febrile Erkrankung, begleitet<br />
von Kopf- und Muskelschmerzen. Bei etwa 10 %<br />
der Patienten kommt es zu Läsionen der Retina,<br />
was eine permanente Einschränkung des Sehvermögens<br />
zur Folge haben kann. Bei jeweils etwa 1 %<br />
der Patienten ist mit einem fulminanten, häufi g<br />
tödlichen hämorrhagischen Verlauf mit Hepatitis<br />
bzw. einer schweren Enzephalitis zu rechnen.<br />
Das Krim-Kongo-Virus gehört in die Familie<br />
der Bunyaviren. Eine Infektion mit diesem Virus<br />
ruft eine Erkrankung hervor, die häufi g als hämor-<br />
rhagisches Fieber verläuft. Die Erkrankung ist<br />
nach kurzer Inkubationszeit von einem bis maximal<br />
12 Tagen hauptsächlich durch hohes Fieber<br />
charakterisiert. Hämorrhagische Verläufe gehen<br />
meist mit Leberschäden einher und sind nicht selten<br />
tödlich. Hyalomma-Zecken sind für das Virus<br />
zugleich Reservoir und Vektor. Eine Virusvermehrung<br />
fi ndet in verschiedenen Wild- und Nutztieren<br />
statt. In Endemiegebieten infi ziert sich der Mensch<br />
meist durch engen Kontakt zu Nutztieren und (ungenügend<br />
erhitzten) Tierprodukten. Eine Übertragung<br />
durch Zeckenstich ist ebenfalls möglich.<br />
Mensch-zu-Mensch-Übertragungen betreff en vor<br />
allem medizinisches Personal mit engem Kontakt<br />
zu Erkrankten (Blut, andere Körperfl üssigkeiten).<br />
Endemiegebiete umfassen Teile Afrikas und<br />
Asiens (z. B. Naher Osten) sowie Regionen in Südost-Europa.<br />
Situation in Deutschland<br />
Im Jahr 2010 wurden in der Kategorie »Virale Hämorrhagische<br />
Fieber (VHF), sonstige Erreger« 37<br />
Fälle von Chikungunya-Fieber übermittelt; somit<br />
wurden Fälle dieser Infektion nun das 5. Jahr in<br />
Folge in Deutschland diagnostiziert (s. u.). Außer<br />
Chikungunya-Fieber wurden in den vergangenen<br />
10 Jahren in dieser Erregerkategorie ein Fall von<br />
Lassa-Fieber (2006, importiert aus Sierra Leone),<br />
eine asymptomatische Infektion mit Rift-Valley-<br />
Fieber-Virus als Co-Infektion zu einer letalen Hepatitis-A-Infektion<br />
(2008, Infektion erworben in<br />
Kenia) sowie 2 Fälle von Krim-Kongo-Virus-Infektionen<br />
(2009: ein US-Soldat, der sich in Afghanistan<br />
infi ziert hatte, verstarb; ein in der Türkei infi -<br />
zierter Mann überlebte) übermittelt.<br />
Chikungunya-Fieber<br />
Im Januar 2005 kam es auf einigen Inseln vor der<br />
Ostküste Afrikas zu einer ausgeprägten Chikungunya-Epidemie.<br />
Sie begann auf den Komoren und<br />
weitete sich dann auf La Réunion, Mauritius, die<br />
Seychellen sowie Madagaskar aus. Eine zweite Epidemie<br />
brach im Januar 2006 im Süden Indiens<br />
aus. Im Herbst 2007 kam es in Italien in der Provinz<br />
Ravenna (Region Emilia-Romagna) zu einem<br />
regional begrenzten Ausbruch von Chikungunya-<br />
Fieber mit etwa 200 Fällen. Vermutlich wurde das<br />
Virus durch einen mit Chikungunya infi zierten<br />
Reiserückkehrer aus Südindien (Kerala) in die Region<br />
eingeschleppt. Das Virus wurde in der lokalen