Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger ... - RKI
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194 Spezielle Krankheiten Syphilis<br />
den Meldungen mit klinischen Angaben handelte<br />
es sich bei 33 % der Diagnosen um ein Primärstadium,<br />
bei 32 % um ein Sekundärstadium und bei<br />
32 % um eine Infektion im Stadium der Früh- oder<br />
Spätlatenz (Vergleichswerte 2009: 34 %, 34 % und<br />
30 %).<br />
Infektionsrisiken<br />
Angaben zum Infektionsrisiko lagen für 72 % der<br />
Meldungen vor. Bei diesen Meldungen stieg der<br />
Anteil der Fälle, die vermutlich über sexuelle Kontakte<br />
zwischen Männern übertragen wurden, um<br />
1 % gegenüber dem Vorjahr auf 84 % an. Der Anteil<br />
der bei Heterosexuellen diagnostizierten Fälle ging<br />
entsprechend von 17 % auf 16 % zurück. Unter der<br />
Annahme, dass diese Verteilung für alle Fälle, also<br />
auch diejenigen ohne Angabe zum Infektionsrisiko<br />
zutriff t, werden 5 von 6 aller in Deutschland<br />
gemeldeten Syphilis-Fälle über sexuelle Kontakte<br />
zwischen Männern übertragen.<br />
Eine weit über dem Durchschnitt liegende<br />
Syphilis-Inzidenz bei Frauen bzw. Häufungen gemeldeter<br />
heterosexueller Übertragungen wurden<br />
in Gera, Rostock und Dortmund registriert. Der<br />
ursprünglich mit Prostitution assoziierte Ausbruch<br />
in der Region Aachen, der im Jahr 2004 begonnen<br />
hatte, zeigt sich in den Meldedaten für<br />
2010 in der mit 8 Fällen noch erhöhten Zahl gemeldeter<br />
Syphilis-Fälle bei Frauen im Großraum<br />
Aachen. Wie viele der 16 Fälle bei Männern in der<br />
gleichen Region, die ein heterosexuelles Infektionsrisiko<br />
angaben oder bei denen keine Angaben<br />
zum Infektionsrisiko vorliegen, diesem Ausbruch<br />
zuzuordnen sind, bleibt off en.<br />
Bei homosexuellen Männern stieg die Zahl<br />
der Meldungen gegenüber 2009 in den meisten<br />
Bundesländern – ausgenommen Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Sachsen und Thüringen –<br />
entweder an oder blieb unverändert.<br />
Die beobachtete Entwicklung deutet darauf<br />
hin, dass sich die Syphilis unter homosexuellen<br />
Männern bundesweit auf einem erhöhten endemischen<br />
Niveau stabilisiert.<br />
Die Zahl der bei Neugeborenen bzw. Kindern<br />
diagnostizierten Fälle von konnataler Syphilis lag<br />
in den Jahren 2001 bis 2004 gleichbleibend bei 7<br />
Fällen pro Jahr. In den Jahren 2005 bis 2009 wurden<br />
jeweils zwischen 2 und 5 Fälle konnataler Syphilis<br />
bei Neugeborenen gemeldet. Im Jahr 2010<br />
wurde nur ein Fall einer konnatalen Syphilis ge-<br />
meldet. Die niedrige Zahl konnataler Syphilis-<br />
Fälle geht einher mit einer sinkenden Zahl von<br />
Fällen bei Frauen und einer geringer werdenden<br />
Bedeutung heterosexueller Übertragungen und<br />
aus Ost-/Zentraleuropa importierter Syphilis-Infektionen.<br />
Insgesamt spricht die niedrige Zahl konnataler<br />
Syphilis-Fälle für die hohe Wirksamkeit des<br />
Syphilis-Screenings bei den Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen.<br />
Datenqualität<br />
Die Gesamtzahl der eingegangenen Meldungen<br />
inklusive der Meldungen, die nicht der Referenzdefi<br />
nition entsprachen, stieg nach einem vorübergehenden<br />
Rückgang auf 4.839 im Jahr 2009 wieder<br />
auf 5.385 im Jahr 2010 an. Bei den nicht der<br />
Referenzdefi nition entsprechenden Syphilis-Meldungen<br />
handelte es sich um eine Mischung aus<br />
Serumnarben (mit zum Teil noch hohen Resttitern),<br />
vermuteten Doppelmeldungen und vermuteten<br />
Fällen von nicht ausreichend therapierter<br />
Syphilis (Syphilis non satis curata). Die entsprechende<br />
Entscheidung und Zuordnung war angesichts<br />
des Fehlens einer eindeutigen fallbezogenen<br />
Kodierung schwierig und musste auf Grundlage<br />
einer Gesamtschau aller auf den Meldebögen verfügbaren<br />
Informationen getroff en werden. Vor allem<br />
in Großstädten boten Geburtsmonat und -jahr<br />
sowie die ersten 3 Ziff ern der Postleitzahl keine<br />
ausreichenden Diff erenzierungsmöglichkeiten,<br />
um potenzielle Mehrfachmeldungen zu erkennen,<br />
insbesondere da Untersuchungen derselben Person<br />
bei verschiedenen Ärzten und Laboren durchgeführt<br />
worden sein könnten oder sich der Wohnsitz<br />
des Patienten geändert haben könnte.<br />
Ein nicht befriedigend lösbares Problem stellt<br />
die Einordnung einer Neumeldung eines bereits<br />
zuvor gemeldeten Syphilis-Patienten entweder als<br />
Re-Infektion oder als Reaktivierung bei nicht ausreichender<br />
Behandlung (Syphilis non satis curata)<br />
dar.<br />
Verschiedene Einzelbeobachtungen weisen<br />
darauf hin, dass bei einigen Laboren noch Unklarheit<br />
bezüglich der Meldung potenzieller Re-Infektionen<br />
besteht. Vereinzelt werden immer wieder<br />
Labore identifi ziert, die ihrer Meldepfl icht nicht<br />
konsequent nachkommen. Dies kann lokal zu Untererfassungen<br />
geführt haben, dürfte aber den Gesamttrend<br />
nicht wesentlich verfälschen.