Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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134<br />
Ordnung Hasenartige (Lagomorpha)<br />
Merkmale<br />
Die Hasenartigen sind mit rund 70 bis 80 Arten nahezu weltweit<br />
verbreitet. Ursprünglich gab es sie nicht in Australien,<br />
Neuseeland, Madagaskar und Südamerika.<br />
Die beiden in <strong>Liechtenstein</strong> lebenden Hasenarten gehören<br />
zur gleichen Familie und zur gleichen Gattung. Der Schneehase<br />
besiedelt vor allem Gebiete an der oberen Waldgrenze<br />
und im Gebirge. Der Feldhase lebt, wie es sein Name sagt,<br />
vor allem in offenen Feldgebieten und steigt in halboffenen<br />
Waldlagen und Maiensässen bis an die untere Verbreitungsgrenze<br />
des Schneehasen auf. Die Erdhöhlen grabenden Ka -<br />
nin chen kommen in <strong>Liechtenstein</strong> nicht vor.<br />
Das Gebiss ist demjenigen von Nagetieren ähnlich, weshalb<br />
die Hasen in der zoologischen Systematik auch lange Zeit in<br />
diese Ordnung eingeteilt waren. Die Hasen sind jedoch<br />
keine Nagetiere und bilden eine eigene Ordnung. Ein<br />
artspezifisches Merkmal der Hasen ist ein zweites Paar stiftartige<br />
Schneidezähne im Oberkiefer, die hinter den gut<br />
sichtbaren vorderen Schneidezähnen liegen und bei Nage -<br />
tieren nicht Vorkommen. Die zwei langen Schneidezähne<br />
des Unterkiefers gelangen mit ihren Spitzen zwischen die<br />
zwei vorderen und die zwei dahinterliegenden Schneide -<br />
zähne des Oberkiefers und werden dadurch laufend geschliffen.<br />
Dadurch bleiben sie scharf und eignen sich zum<br />
Abbeissen von zäher, zellulosereicher Pflanzennahrung, die<br />
dann von den Mahlzähnen im Backenkiefer zermahlen<br />
werden. Ein kurzer, buschiger Schwanz (die Blume), eine<br />
durch die Oberlippe verlaufende Sinnesgrube, auffällig<br />
lange Ohren und überlange Hinterläufe sind weitere äussere<br />
Hasenmerkmale. Als ausgesprochenes Fluchttier, versehen<br />
mit einem gut tarnenden Fell haben Feld- und Schneehasen<br />
eine hoch entwickelte Strategie der Feinderkennung und -<br />
vermeidung. Dies wird unterstützt durch die relativ weit aus<br />
dem Schädel hervorstehenden Augen, die ein Rundumgesichtsfeld<br />
von 360° ergeben. Bei Gefahr ducken sich<br />
Hasen mit an den Körper angelegten Ohren möglichst flach<br />
an die Erdoberfläche, starten im letzten Moment mit Hilfe<br />
der langen Hinterbeine blitzschnell zu einem rasanten Spurt<br />
und schlagen spitzwinklige Haken um dem Feind zu entkommen.<br />
Im Gegensatz zum Kaninchen graben unsere<br />
Hasenarten keine Erdbaue.<br />
Biologie<br />
Hasen sind spezialisierte Pflanzenfresser mit riesigen Blind -<br />
därmen. Dort kann zellulosereiche Nahrung durch spezielle<br />
Mikroorganismen effizient verdaut werden und nach Abgabe<br />
von kugelförmigen Kotpillen erneut gefressen und im<br />
Magen-Darm-System ein zweites Mal verdaut werden<br />
(Coecotrophie). Eine relativ grosse Anzahl von Jungen pro<br />
Jahr kann durch mehrere Würfe in der Regel den Verlust<br />
durch Feinde oder schlechte Witterung wettmachen. Häsinnen<br />
sind in der Lage eine zusätzliche Schwangerschaft zu<br />
beginnen, bevor die heranwachsenden Jungen im Mutter -<br />
leib geboren sind (Superfötation). Die frisch geborenen<br />
Jungen sind fertig entwickelte Nestflüchter. Die Hasen sind<br />
die kleinsten Säugetiere unserer Breiten, die ohne<br />
schützenden Erdbau und ohne Winterschlaf das ganze Jahr<br />
über im Freien leben, wofür hoch entwickelte Anpassungen<br />
im Körperbau, bei der Ernährung und im Verhalten erforderlich<br />
sind. Betrachtet man die Spurenabdrücke, die<br />
Hasen z.B. im Schnee hinterlassen, so sieht man zwei<br />
Abdrücke von Füssen hintereinander liegend, und zwei<br />
weitere, die nebeneinander liegen. Die nebeneinanderliegenden<br />
Abdrücke stammen von den Hinterbeinen, die<br />
beim Aufsetzen die Vorderbeine überholen. Dadurch ergibt<br />
sich eine Körperhaltung beim Rennen, durch die die grosse<br />
Schnelligkeit und Reichweite zu erklären ist.<br />
Familien<br />
Hasen (Leporidae)<br />
Auffallend lange Ohren und Hinterbeine, grosse körperliche<br />
Beweglichkeit und hochentwickelte Verdauungsorgane mit<br />
riesigen Blinddärmen sind wichtige Merkmale der arten rei -<br />
chen Familie der Hasen. In Asien und Nordamerika kommt<br />
eine weitere Familie der Hasenartigen vor, die Pfeifhasen.<br />
Deren Ohren und Beine sind deutlich kürzer. Im FL: 2 Arten<br />
Abb. 175 Feldhase (Foto: René Güttinger)<br />
Michael Fasel