Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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geschlachtet werden musste (Vorarlberger Volksblatt<br />
29.7.1879). Damit verbleibt die Votivtafel die letzte Zeugin<br />
einer erfolgreichen Bärenjagd in Vorarlberg.<br />
Die letzte Bärensichtung im Grenzbereich zu <strong>Liechtenstein</strong><br />
wird wie folgt festgehalten: Dr. Karl Blodig, Augenarzt in<br />
Bregenz (1885-1956) war ein grosser Alpinist und Naturfreund<br />
und auch schriftstellerisch tätig. Er veröffentlichte in<br />
der Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins<br />
in den Jahren 1900/1901 folgende Begebenheit: «Um<br />
14.30 h (am 2. Juni 1888) kamen wir zur Garsella-Alpe und<br />
stiegen zum gewählten Sattel an. ... Da fielen unsere Blicke<br />
auf Spuren eigentümlicher Art, welche im feinen Sande, der<br />
sich auf dem Sattel befindet, zahlreich sichtbar waren. Es<br />
waren 25-28 cm lange und 8-10 cm, breite Fussstapfen neben<br />
denen andere, etwa 7 cm lang und 5 cm breit, einherliefen.<br />
Vorne waren entsprechend tiefe Eindrücke von Krallen ausgeprägt.<br />
Wir riefen sofort wie aus einem Munde: das sind<br />
Bären und zwar eine Alte und das Junge. Die Spuren liefen<br />
vom Rheintal nach dem Saminatal. Die Bärin wurde tatsächlich<br />
4 Tage später im Fläscher Tälchen, am Falknis<br />
(Graubündner Seite) zur Strecke gebracht. Traurig aber<br />
wahr». In METZ (1990) findet sich hierzu über den Abschuss im<br />
Fläscher Tälchen allerdings keine Bestätigung. Im Herbst<br />
1892 streifte nochmals ein Bär im Nenzinger Gebiet umher. Er<br />
soll auch im Saminatal gesehen worden sein. Damals wurden<br />
auf der Ochsenalp die Überreste von fünf ge ris se nen Schafen<br />
gefunden (Vorarlberger Volksblatt 25.9.1892). Es wird vermutet<br />
dass der Bär nach Graubünden wechselte. Dort wurde<br />
der letzte Bär am 1. September 1904 im Scarltal bei Schuls im<br />
Unterengadin geschossen. Die letzte Sichtung eines Bären in<br />
der Schweiz stammt aus dem Jahre 1923.<br />
Lange hielt sich eine letzte kleine Bärenpopulation im westlichen<br />
Teil der Provinz Trentino in den italienischen Alpen.<br />
Diese Population brach in den 1990-er Jahren zusammen und<br />
wurde mit slowenischen Bären aufgestockt. Heute leben in<br />
der Brenta/Adamello Gruppe rund 25 Bären, wovon einige<br />
durch markante Weitwanderungen bis nach Österreich, die<br />
Schweiz und Bayern aufmerksam machten. Parallel dazu gab<br />
es auch einen Vorstoss von Bären in die öster reichischen<br />
nördlichen Kalkalpen, wo ebenfalls eine Bestan des stützung<br />
rund um den berühmten Ötscher Bären stattfand. Allerdings<br />
zeigte die dortige kleine Population auffallende Verluste von<br />
Jungbären, was man auf Wilderung zurückführt.<br />
Das westliche Trentino wird heute in einem Ausmass von ca.<br />
3600 km 2 besiedelt, wobei die Population einen deutlich<br />
positiven Trend zeigt. Allerdings sind auch dort einige In di vi -<br />
duen auf zum Teil ungeklärte Weise verschwunden. Im Jahre<br />
2006 stattete mehr als 110 Jahre nach der letzten<br />
Beobachtung ein Bär wieder einen kurzen Besuch in Vorarlberg<br />
ab. «JJ1», genannt Bruno, stammte aus der Population<br />
der Adamello-Brenta Gruppe (SPITZENBERGER 2006). Er wanderte<br />
am 5. Mai 2006 vom Tiroler Oberinntal ins Vorarlberger<br />
Klostertal. Und von hier wechselte er ins Montafon. Später<br />
pendelte er zwischen Tirol und Bayern und wurde dort am<br />
26. Juni 2006 in der Gemeinde Bayrischzell erlegt. Der<br />
Braunbär JJ1 stammte aus einem von der EU mitfinanzierten<br />
Wiederansiedlungsprogramm. Seine Mutter Jurka galt als<br />
Problembärin, da sie sich gerne in der Nähe von Menschen<br />
und Bauernhöfen aufhielt. JJ1 und JJ2 stammten von dieser<br />
Bärin ab und hatten deren Verhalten erlernt. JJ1 wurde zum<br />
Risikobär deklariert und zum Abschuss freigegeben, obwohl<br />
er nie einem Menschen gefährlich wurde. Ein gleiches Schicksal<br />
erlebte ein weiterer Bruder JJ3. Er trieb sich in der Gegend<br />
um Lenzerheide, Savognin und Albula herum und zeigte sich<br />
ebenfalls wenig scheu. Er wurde am 14. April 2008 in Mittelbünden<br />
erlegt. Der menschenscheue MJ4, der ebenfalls wie<br />
JJ3 im Sommer 2007 in Graubünden einwanderte, verliess die<br />
Schweiz wieder im Frühling 2008 in Richtung Italien. Im 2010<br />
wanderte erneut ein Bär in die Schweiz ins Val Müstair ein.<br />
Seit dem 24. Juni 2010 ist er wieder verschwunden. Diese<br />
Invasion von Einzeltieren aus der Trentiner Population dürfte<br />
wohl anhalten.<br />
Lebensraum<br />
Der Bär bewohnt eine Vielzahl von Habitaten. Die verbliebenen<br />
Tiere in Europa leben hautsächlich in bewaldeten<br />
Gebirgsregionen. Solange genügend Nahrung und Plätze für<br />
die Winterruhe vorhanden sind, sind sie nicht wählerisch in<br />
Bezug auf den Lebensraum. Sie gelten als dämmerungs- und<br />
nachtaktiv, insbesondere in vom Menschen besiedelten Gebieten.<br />
Bären können gut schwimmen und die Jungtiere<br />
können gut klettern.<br />
Gefährdung und Schutzmassnahmen<br />
Die Berner Konvention zum Schutz von wildlebenden Arten<br />
und Lebensräumen in Europa führen den Braunbären in Anhang<br />
II, d.h. jede Form von Fang, Haltung oder Tötung ist<br />
verboten. Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen<br />
Union bezeichnet den Bären als prioritäre Art,<br />
wobei ausser in Schweden und Finnland besondere Schutzgebiete<br />
auszuweisen sind. Es sind Kontrollmassnahmen wie<br />
die Entnahme einzelner Individuen unter besonderen<br />
Voraussetzungen erlaubt (vgl. Abschüsse Bayern und<br />
Graubünden). Im Kanton Graubünden wurden inzwischen<br />
geeignete Schutzmassnahmen bei der Müllentsorgung, für<br />
Bienenhäuschen und dem Schutz von Kleinvieh getroffen.<br />
Mario F. Broggi<br />
Abb. 182 Der Braunbär dringt derzeit aus Italien wieder<br />
nach Norden vor. (Foto: Markus Stähli)<br />
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