Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Graues Langohr (Plecotus austriacus)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Beim Grauen Langohr ist das Rückenfell von bräunlich-grauer,<br />
die scharf abgesetzte Unterseite von hellgrauer bis weisslicher<br />
Farbe. Gesicht und Ohren sind, ähnlich wie beim Alpenlangohr,<br />
dunkel pigmentiert. Im Vergleich zu den<br />
übrigen einheimischen Langohrarten besitzt das Graue<br />
Langohr einen vergleichsweise breiten und fast bis zur Basis<br />
dunkel gefärbten Ohrdeckel (Tragus). Charakteristisch ist<br />
zudem der an der Spitze keulenförmig verdickte Penis.<br />
Daumen, Daumenkralle und Hinterfüsse sind im Mittel kleiner<br />
als bei den anderen beiden Arten.<br />
Das Graue Langohr sieht dem Braunen Langohr, vor allem<br />
aber dem Alpenlangohr, insgesamt sehr ähnlich. Aus diesem<br />
Grund ist die Taxierung nach äusseren Merkmalen nur für<br />
Spezialisten möglich. Für eine zweifelsfreie Artbestimmung<br />
ist ein DNA-Test nötig.<br />
Biologie<br />
Wochenstubenverbände besiedeln ihre Quartiere von April<br />
bis September und zählen meist nur wenige dutzend Alttiere.<br />
Selten umfassen die Kolonien bis zu 100 Individuen. Sie<br />
setzen sich aus erwachsenen Weibchen mit ihren Jungen<br />
sowie noch nicht geschlechtsreifen Tieren beiderlei Geschlechts<br />
zusammen. Wird es im Quartier zu heiss, teilen sich<br />
die Kolonien in verstreut hängende Kleingruppen auf. Aus<br />
der Schweiz und anderen Gebieten sind, wenn auch vereinzelt,<br />
Mischgesellschaften des Grauen und Braunen Langohrs<br />
bekannt.<br />
Das Graue Langohr ist im Flug sehr manövrierfähig. Seine<br />
Beute fängt es vor allem in der Luft, meist in Flughöhen von<br />
zwei bis fünf Metern, gelegentlich aber auch wenige Zentimeter<br />
über dem Boden. Deutlich seltener als das Braune<br />
Langohr sammelt auch das Graue Langohr Beutetiere von<br />
Blättern ab. Noch mehr als das Braune Langohr ist das Graue<br />
Langohr hingegen ein ausgesprochener Falterspezialist. In<br />
der Schweiz beispielsweise machen Nachtschmetterlinge mit<br />
knapp 90 Prozent den Hauptanteil in der Nahrung aus<br />
(ASHRAFI et al. 2011). In geringen Mengen kommen Käfer,<br />
Zweiflügler und Hautflügler hinzu. Obwohl nur eine mittelgrosse<br />
Fledermausart, schafft es das Graue Langohr, selbst<br />
Maikäfer zu vertilgen.<br />
Die Jungen, meist Einzelkinder, werden in der zweiten Junihälfte<br />
geboren. Die Paarungszeit beginnt bereits im Juli und<br />
dauert vermutlich bis September-Oktober. Die Lebenserwartung<br />
beträgt fünf bis neun Jahre, das nachgewiesene Maximalalter<br />
25 Jahre. Das Graue Langohr gilt wie das Braune<br />
Langohr als ausgesprochen ortstreue Art. Die weiteste, bisher<br />
nachgewiesene saisonale Wanderung erfolgte über eine<br />
Distanz von 62 km.<br />
Verbreitung<br />
Das Graue Langohr ist in Europa und im nördlichen Mittelmeerraum<br />
weit verbreitet. Im Norden verläuft die Verbreitungsgrenze<br />
durch Südengland, Norddeutschland, Polen<br />
und die Ukraine. Ein isoliertes Vorkommen liegt in Südschweden.<br />
Die Verbreitung gegen Osten ist wegen offener<br />
taxonomischer Fragen noch unklar.<br />
Im Alpenrheintal fehlen gesicherte Nachweise aus dem<br />
St. Galler wie Bündner Rheintal (MÜLLER ET AL. 2010, GÜTTINGER<br />
UND BARANDUN 2010). Aus Vorarlberg liegen lediglich zwei<br />
Funde zweifelsfrei identifizierter Einzeltiere vor (REITER<br />
mündl. Mitteilung). Ein 2008 angelaufenes Projekt, bei welchem<br />
in <strong>Liechtenstein</strong> sowie den Kantonen St. Gallen,<br />
Appenzell Ausserhoden und Appenzell Innerrhoden bei<br />
zahlreichen Langohrquartieren mittels DNA-Analyse die Artzugehörigkeit<br />
bestimmt werden konnte, ergab für <strong>Liechtenstein</strong><br />
ein überraschendes Resultat: So konnten 10 von 14<br />
Quartieren dem Grauen Langohr zugeordnet werden. Diese<br />
verteilen sich über ganz <strong>Liechtenstein</strong> von Balzers bis Mauren<br />
(GÜTTINGER, HOCH & GSTÖHL in Vorb.). Erwähnenswert ist<br />
die Tatsache, dass im <strong>Liechtenstein</strong>er und St. Galler Teil des<br />
Alpenrheintals Graues Langohr und Alpenlangohr gemeinsam<br />
vorkommen. Erstaunlich ist dieser Befund deshalb, weil<br />
beide Arten nach bisherigem Wissen nahrungsökologisch<br />
sehr ähnliche Ansprüche zeigen.