Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
86<br />
Nordfledermaus (Eptesicus nilssonii)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Der Name Nordfledermaus bezeichnet eine ganz besondere<br />
Eigenschaft dieser paläarktischen Art: Sie ist die einzige Fledermausart,<br />
die sich noch nördlich des Polarkreises fortpflanzt.<br />
Als kleinere Schwester der Breitflügelfledermaus<br />
wiegt sie nur rund halb so viel wie diese. Während sich die<br />
beiden Arten in Ohr- und Tragusform, sowie Farbe der nackten<br />
Hautpartien kaum unterscheiden, sind sie dennoch<br />
kaum zu verwechseln. Das Rückenfell der Nordfledermaus<br />
ist deutlich länger, und aus der dunkelbraunen bis braunschwarzen<br />
Haarbasis ragen goldgelbe Haarspitzen hervor.<br />
Erwachsene Tiere weisen auch an den Stirnseiten gelbe<br />
Haarbüschel auf. Erstaunlich ist, dass die optisch so deutlichen<br />
Unterschiede der beiden Arten sich in den bislang untersuchten<br />
DNA-Sequenzen nicht niederschlagen, so dass<br />
Nord- und Breitflügelfledermaus genetisch (noch?) nicht getrennt<br />
werden können.<br />
Biologie<br />
Die Nordfledermaus ist unsere kälteresistenteste Fledermausart.<br />
Dies zeigt sich nicht nur durch ihre Verbreitung bis<br />
in den hohen Norden und ihr Vorkommen bis in die Felsregionen<br />
der Alpen. Sie wählt auch als Winterquartier kalte<br />
Höhlen und Stollen, wo sie, ähnlich wie die Mopsfledermaus,<br />
in den kühleren Eingangsbereichen zu finden ist.<br />
Auch in Bodengeröll oder hinter Hausfassaden können<br />
Nordfledermäuse ihr Winterquartier beziehen.<br />
Der Geburtstermin der Jungtiere hängt stärker als bei anderen<br />
Arten von den sehr wechselhaften Temperaturen in höheren<br />
Lagen ab. Diese haben starken Einfluss auf die Entwicklungsgeschwindigkeit<br />
des Embryos, bestimmen aber<br />
auch das Ende des Winterschlafes und damit den Beginn der<br />
Trächtigkeit. So können Geburten von Ende Mai bis Mitte<br />
Juli beobachtet werden. Oft werden Zwillinge geboren.<br />
Gejagt wird meist in mittleren Höhen über Wäldern, Gewässern,<br />
aber auch über dem Siedlungsraum nach Mücken aller<br />
Art, Käfern, Wanzen und in Gebirgstälern und über Kuppen<br />
gerne auch nach ziehenden Faltern. Die Nordfledermaus gilt<br />
allgemein als ortstreu und streift allenfalls nach Auflösung<br />
der Wochenstuben in einem etwas weiteren Umkreis umher.<br />
Verbreitung<br />
Die Nordfledermaus meidet den gesamten Mittelmeerraum<br />
und Westeuropa. Ihr Verbreitungsgebiet zieht sich von<br />
Norditalien und Ostfrankreich in Richtung Osten und Norden<br />
über den Polarkreis hinaus bis zum 70. Breitengrad. Ihr<br />
Verbreitungsschwerpunkt liegt in der Taiga und reicht ostwärts<br />
über Sibirien, die Mongolei und Nordchina bis Kamtschatka,<br />
Korea und Japan. Der Artstatus dieser nord- und<br />
ostasiatischen Populationen ist allerdings noch nicht vollständig<br />
geklärt. In Mitteleuropa besiedelt die Nordfledermaus<br />
vor allem die Gebirgslagen, ist aber regional auch in<br />
tieferen Lagen anzutreffen.<br />
In der Schweiz konzentriert sich das Vorkommen der Nordfledermaus<br />
auf den Jura, das Wallis, das Berner Oberland<br />
und das Engadin. Vereinzelte Quartiere wurden auch im Tessin,<br />
in Zürich und Schaffhausen gefunden. Ein Totfund aus<br />
dem Jahre 1996 blieb lange Zeit der einzige Nachweis dieser<br />
Art in Vorarlberg. In jüngster Zeit aber konnten mehrere<br />
Detektornachweise erbracht werden (Georg Amann, schriftl.<br />
Mitteilung). Gerade die Funde aus Zürich und Schaffhausen<br />
belegen, dass die Nordfledermaus nicht zwingend an Gebirgsregionen<br />
gebunden ist. Offensichtlich bieten auch die<br />
Häuserschluchten in Städten den Felsspalten ähnliche Quartiere.<br />
Ohne die Hilfe der Bioakustik wären die Nachweise der<br />
Nordfledermaus für <strong>Liechtenstein</strong> äusserst dürftig. So sind<br />
lediglich zwei Männchenquartiere aus dem Malbun bekannt.<br />
1982 konnten Patrik Wiedemeier und Mario Broggi<br />
ein solches im Zwischendach der Malbuner Friedenskapelle<br />
nachweisen (Wiedemeier 1984). Im Jahre 2000 wurde bei<br />
Dachdeckerarbeiten in der Malbuner Heita ein Männchen<br />
unter einem Firstziegel entdeckt. Ende Juli 2010 konnten bei<br />
der Alphütte Guschgfiel drei Männchen mit Stellnetzen gefangen<br />
werden (Abb. 108).<br />
Abb. 106 Schon bei Dämmerungsbeginn kann die Nord -<br />
fledermaus über dem Malbuner Siedlungsgebiet bei der<br />
Jagd beobachtet werden. (Foto: Silvio Hoch)