Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
«Nomen est omen», sagt das Sprichwort, das für die Mückenfledermaus<br />
gleich in doppeltem Sinne zutrifft. Sie ist die<br />
kleinste unter den europäischen Fledermausarten und entsprechend<br />
ihrem bevorzugten Jagdgebiet, den gewässernahen<br />
Wäldern, sind Mücken ihre Leibspeise. Der seit Beginn<br />
der 1980er-Jahre aufgrund ihrer Ruffrequenz um die 55 kHz<br />
vermutete Artstatus konnte Mitte der 1990er-Jahre genetisch<br />
bestätigt werden. Seither stellt die Bestimmung dieser Art<br />
die Feldforscher und Fledermausschützer immer wieder vor<br />
Probleme. Es sind keine messbaren Bestimmungsmerkmale<br />
vorhanden, um die Art von der ähnlichen Zwergfledermaus<br />
unterscheiden zu können. Die vergleichsweise kürzere<br />
Schnauze und die dadurch steiler erscheinende Stirn sind nur<br />
bei grosser Bestimmungserfahrung hilfreich. Meist hellere<br />
Hautpartien vor allem ums Auge, am Ohrdeckel (Tragus) und<br />
der Ohrinnenseite sind weitere vage Unterscheidungsmerkmale<br />
zur Geschwisterart. Als sicherstes Merkmal haben sich<br />
bestimmte Flughautfelder erwiesen, die durch elastische Fasern<br />
in der Flughaut gebildet werden (Abb. 96). Die Behaarung<br />
der Schwanzflughaut reicht, ähnlich wie bei der Rauhautfledermaus,<br />
bis fast auf Höhe des Hinterfusses.<br />
Biologie<br />
Als Spaltenbewohnerin besiedelt die Mückenfledermaus<br />
häufig vom Menschen geschaffene Strukturen. Insbesondere<br />
Wochenstubenquartiere befinden sich in Gebäudespalten.<br />
Fledermauskästen und natürliche Baumhöhlen werden<br />
vor allem als herbstliche Balzquartiere angenommen, letztere<br />
auch als Winterquartiere.<br />
Gejagt werden kleine Schwarminsekten, wie Zuck- und<br />
Stechmücken, aber auch kleine Haut- und Netzflügler sowie<br />
Eintagsfliegen. Der grösste Teil der Beute besteht aus Insekten,<br />
die eine ans Wasser gebundene Larvenentwicklung<br />
durchlaufen.<br />
In jüngster Zeit häufen sich die Anzeichen, dass die Mückenfledermaus,<br />
ähnlich wie die Rauhautfledermaus und die<br />
Abendsegler, grosse saisonale Wanderungen durchführt. So<br />
wurde ein in Sachsen-Anhalt beringtes Tier an der kroatischen<br />
Adriaküste wieder gefunden. Ein in Prenzlau in der<br />
Uckermark am 3.8.2007 beringtes Weibchen flog am<br />
6.10.2008 in der südfranzösischen Camargue ins Japannetz<br />
(DANILO RUSSO, schriftl. Mitteilung). Die beiden Überflüge von<br />
775 bzw. 1280 km belegen, dass auch die Mückenfledermaus<br />
südlich gelegene Winterquartiere aufsucht.<br />
Die Weibchen der Mückenfledermaus können sich in den<br />
Wochenstuben mit Zwergfledermäusen vergesellschaften.<br />
An Mischkolonien in Kreuzlingen TG konnte beobachtet<br />
werden, dass die Mückenfledermäuse rund eine halbe Stunde<br />
nach den Zwergfledermäusen ausfliegen und dass die<br />
Jungen zwischen Mitte und Ende Juni geboren werden<br />
(BURKHARD 2007). Oft sind es wie bei allen wandernden Arten<br />
Zwillingsgeburten.<br />
Verbreitung<br />
Unter allen vier in Europa vorkommenden Arten der Gattung<br />
Pipistrellus ist die Mückenfledermaus die am weitesten<br />
verbreitete Art. Sie besiedelt Südeuropa ebenso wie die britischen<br />
Inseln und erreicht an der norwegischen Küste den<br />
63. Breitengrad. In der Schweiz ist die Mückenfledermaus in<br />
allen grösseren Flusstälern und an den Ufern der grösseren<br />
Seen nachgewiesen (SATTLER et al. 2007). In Vorarlberg konnten<br />
erstmals 2007 Detektornachweise erbracht werden<br />
(GEORG AMANN, schriftl. Mitteilung).<br />
Nach wie vor fehlt aus <strong>Liechtenstein</strong> ein Fortpflanzungsnachweis<br />
der Mückenfledermaus, obwohl die meisten bislang<br />
bekannten Quartiere der Zwergfledermaus nachkontrolliert<br />
worden sind. Die Nachweise der Mückenfledermaus<br />
in <strong>Liechtenstein</strong> beschränken sich bis auf wenige Einzelfunde<br />
auf die mehrfache Aufzeichnung von Ultraschallrufen,<br />
darunter auch arttypische Soziallaute.<br />
Bei den Einzelfunden handelt es sich um einen Einflug in eine<br />
Wohnung in Triesen und um zwei Netzfänge über dem Binnenkanal<br />
in Vaduz im März bzw. April 2000. Beide Tiere<br />
waren Männchen. Ende November 2005 wurde nahe beim<br />
Schloss Vaduz eine Winterschlafgesellschaft in einer gefällten<br />
Buche entdeckt. Neben Grossen und Kleinen Abendseg-<br />
Abb. 96 Nicht immer sind die Färbungsunterschiede der<br />
Hautpartien im Gesicht und an den Ohren zwischen<br />
Zwergfledermaus (links) und Mückenfledermaus (rechts) so<br />
deutlich wie auf dieser Aufnahme. (Foto: René Güttinger).