Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Braunes Langohr (Plecotus auritus)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Langohren (Gattung Plecotus) sind besonders attraktive<br />
Fledermäuse. Auffällig bei allen Arten sind die fast 5 cm<br />
langen, nahezu körperlangen Ohren. Im Wachzustand sind<br />
diese weit aufgestellt, bei ruhenden Tieren hingegen gut<br />
versteckt zwischen Körper und Unterarm geklappt, sodass<br />
nur noch der frei abstehende Ohrdeckel (Tragus) sichtbar<br />
bleibt. Beim Winterschlaf schützt dieses Verhalten die zarten<br />
Ohren vor Erfrierungen. Die Ohren stehen am Scheitel zusammen.<br />
Die Schnauze wirkt durch das markante, paarige<br />
Drüsenfeld auf dem Nasenrücken gedrungen. Langohren<br />
besitzen vergleichsweise grosse Augen. Ortungslaute senden<br />
sie durch den Mund oder die Nasenlöcher aus. Mit<br />
einem Normalgewicht von sechs bis zehn Gramm und einer<br />
Flügelspannweite von 24-30 cm zählen Langohren zu den<br />
mittelgrossen Fledermausarten.<br />
Das Braune Langohr besitzt ein relativ dichtes und langes<br />
Fell. Die Oberseite ist von brauner bis rötlich-brauner und<br />
geht ohne scharfe Abgrenzung in die helle, gelblich bis<br />
gelb-graue Unterseite über. Gesicht und Ohren sind schwach<br />
pigmentiert und hell. Das Braune Langohr sieht dem Alpenlangohr<br />
(Plecotus macrobullaris) und Grauen Langohr (P.<br />
austriacus) sehr ähnlich. Aus diesem Grund ist die Unterscheidung<br />
dieser nahe verwandten Arten nach äusseren<br />
Merkmalen nur für Spezialisten möglich. Anhand der DNA<br />
aus Kot- oder Gewebeproben kann jedoch die Artzugehörigkeit<br />
einwandfrei bestimmt werden.<br />
Biologie<br />
Wochenstubenverbände bestehen von April bis Oktober und<br />
zählen bis zu 80 Weibchen, die grösstenteils nahe miteinander<br />
verwandt sind. In Dachräumen verstecken sich die Tiere<br />
meist hinter Balken, Ziegeln und Unterdach. Einzig bei sehr<br />
heisser Witterung hängen sie frei an der Decke. Während<br />
Kolonien in Gebäuden ihre Hangplätze höchstens innerhalb<br />
des Quartiers wechseln, ziehen in Bäumen wohnende Gruppen<br />
alle paar Tage in neue, nur wenige hundert Meter entfernte<br />
Quartiere um. Männchen leben sowohl als Einzelgän-<br />
ger wie in Wochenstubengruppen. Von August bis Oktober<br />
und Februar bis April zeigt das Braune Langohr an Höhlen<br />
ein ausgeprägtes Schwärmverhalten, das vermutlich mit der<br />
Paarung zusammenhängt. In Winterquartieren hängt die<br />
Art meist einzeln. In Sommerquartieren bildet das Braune<br />
Langohr sporadisch Mischgesellschaften mit dem Grauen<br />
Langohr sowie dem Alpenlangohr.<br />
Die Jagd beginnt erst bei völliger Dunkelheit. Dank seiner<br />
breiten, an der Spitze abgerundeten Flügel kann das Braune<br />
Langohr langsam und äusserst wendig fliegen. Beutetiere<br />
fängt es fliegend in der Luft oder durch Ablesen von der Vegetation,<br />
im Wald auch von stehenden oder liegenden<br />
Baumstämmen sowie vom Boden. Das Braune Langohr ist<br />
auf der Jagd sehr flexibel und sucht seine Beute von der Bodenoberfläche<br />
bis in den Baumkronenbereich. Beutetiere<br />
werden anhand ihrer Geräusche sowie optisch lokalisiert<br />
und im Rüttelflug oder durch Landen vom Untergrund abgelesen.<br />
Grosse Beutetiere werden im Hängen an sogenannten<br />
Frassplätzen verzehrt. Das Braune Langohr bevorzugt<br />
grosse Nachtfalter (Eulenfalter, Hopfenspinner), Zweiflügler<br />
und Käfer (ASHRAFI et al. 2011). Im Speiseplan ebenfalls vertreten<br />
sind Heuschrecken und Wanzen sowie Raupen, Ohrwürmer,<br />
Spinnen und Weberknechte.<br />
Die als Einzelkinder, gelegentlich auch als Zwillinge geborenen<br />
Jungtiere kommen von Mitte Juni bis Juli auf die Welt.<br />
Sie sind mit sechs Wochen voll flugfähig. Die Paarungszeit<br />
beginnt im August, wenn die Tiere allmählich ihre Sommerquartiere<br />
verlassen und Schwärmquartiere in Höhlen aufsuchen.<br />
Paarungen können in Winterquartieren noch bis April<br />
stattfinden. Das Braune Langohr wird meist erst im zweiten<br />
Lebensjahr geschlechtsreif. Während viele junge Weibchen<br />
ihrem Geburtsort treu bleiben, wandern junge Männchen<br />
mehrheitlich ab. Die mittlere Lebenserwartung liegt bei vier,<br />
das bekannte Maximalalter bei 30 Jahren. Das Braune Langohr<br />
ist ausgesprochen ortstreu. So betragen die Entfernungen<br />
zwischen Sommer-, Schwärm- und Winterquartieren<br />
höchstens 30 km, meist jedoch weniger als 10 km.<br />
Verbreitung<br />
Das Braune Langohr ist in Europa weit verbreitet und kommt<br />
gegen Norden bis nach Grossbritannien und in Teilen Skandinaviens<br />
bis zum 64° N vor. Im Süden verläuft die Verbreitungsgrenze<br />
durch die Iberische Halbinsel, Italien (inklusive<br />
Sardinien) und die südliche Balkanhalbinsel. Ostwärts reicht<br />
das Verbreitungsgebiet bis zum Kaukasus und Ural.<br />
Im Alpenrheintal und den angrenzenden Regionen Graubündens,<br />
St. Gallens und Vorarlbergs ist das Braune Langohr insgesamt<br />
weit verbreitet (MÜLLER ET AL. 2010, GÜTTINGER & BARAN-<br />
DUN 2010, REITER mündl. Mitteilung). Allerdings ist zurzeit noch<br />
unklar, wie die kleinräumige Verteilung der Nachweise zu interpretieren<br />
ist. Ein 2008 angelaufenes Projekt, bei welchem<br />
in <strong>Liechtenstein</strong> sowie den Kantonen St. Gallen, Appenzell<br />
Ausserhoden und Appenzell Innerrhoden bei zahlreichen<br />
Langohrquartieren mittels DNA-Analyse die Artzugehörigkeit<br />
bestimmt werden konnte, zeigt zwar erste mögliche Muster<br />
in der Verbreitung. Diese können aber noch nicht abschliessend<br />
beurteilt werden, weil die Datenlage über Quartiere in