Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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94<br />
Ordnung Nagetiere (Rodentia)<br />
Merkmale<br />
Alle Nagetiere besitzen ein ausgesprochen typisches Gebiss.<br />
Die Eckzähne fehlen und von den Schneidezähnen sind im<br />
Ober- und Unterkiefer nur die beiden vordersten ausgebildet.<br />
Sie wachsen dauernd nach. Die Vorderseite der Nagezähne<br />
ist mit dickem Schmelz belegt. Durch das Nagen wird<br />
der weichere hintere Zahnteil stärker abgenutzt, so dass<br />
ständig eine scharfe Kante entsteht. Zwischen den Schneidezähnen<br />
und den breiten Backenzähnen besteht eine<br />
Lücke. Die Schneidezähne dienen zum Abbeissen, die Backenzähne<br />
zum Zermahlen der meist pflanzlichen Nahrung.<br />
Nager sind eher kleine Tiere mit einem Gewicht ab fünf<br />
Gramm und selten mehr als einem Kilogramm. Obwohl sich<br />
die einzelnen Arten an die verschiedensten Umweltbedingungen<br />
angepasst haben, ist der Körperbau vergleichsweise<br />
einheitlich.<br />
Mit über 2000 Arten bilden die Nager weltweit die artenreichste<br />
Säugetierordnung. Sie sind mit Ausnahme der<br />
Antarktis und Neuseelands überall auf der Welt vertreten.<br />
Nagetiere besiedeln in den Alpen die Lebensräume aller<br />
Höhenstufen. Nagetiere leben auf, über und in der Erde.<br />
Ihre Fortbewegung ist sehr vielfältig. Sie können rennen,<br />
hüpfen, klettern, graben und auch schwimmen.<br />
Biologie<br />
Die Hauptnahrung der Nagetiere besteht aus Pflanzenmaterial.<br />
Viele Arten fressen in unterschiedlichem Ausmass auch<br />
wirbellose Tiere. Neben Samen und Früchten werden von<br />
vielen Arten auch grosse Mengen von Sprossteilen verzehrt.<br />
Im grossen Blinddarm wird die Pflanzennahrung mit Hilfe<br />
von Mikroorganismen abgebaut. Nur die Schlafmäuse besitzen<br />
keinen Blinddarm. Nagetiere spielen in vielen Ökosystemen<br />
eine grosse Rolle. Arten wie etwa die Feldmaus sind<br />
wichtige Konsumenten 1. Ordnung. Sie setzen die im Prozess<br />
der Fotosynthese entstandene pflanzliche Biomasse in eigene<br />
Körpersubstanz um, die dann den Konsumenten 2. Ordnung,<br />
den Fleischfressern zur Verfügung steht. Nagetiere<br />
bilden eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele kleinere<br />
Raubtiere sowie für Greifvögel und Eulen.<br />
Viele Arten haben eine hohe Reproduktionsfähigkeit, da die<br />
Geschlechtsreife früh erreicht wird, die Würfe rasch aufeinander<br />
folgen und die Anzahl Junge pro Wurf hoch ist.<br />
Nagetiere sind für den Menschen von grosser Bedeutung,<br />
z.B. als Schädlinge in der Land- und Vorratswirtschaft, als<br />
Versuchstiere in der Forschung, als Heimtiere und seltener<br />
als Krankheitsüberträger.<br />
Familien<br />
Hörnchen (Sciuridae)<br />
Die Familie umfasst die in Bezug Lebensweise so unterschiedliche<br />
Arten wie das Alpenmurmeltier, ein Steppenbewohner,<br />
und das Eichhörnchen, eine typische Waldart. Beide sind tagaktiv<br />
und darum sehr bekannt. Ihr gemeinsames Merk mal<br />
sind der lange, zylindrische Körper, der lange Schwanz und<br />
das ausgeprägte Sehvermögen. Im FL: 2 Arten<br />
Biber (Castoridae)<br />
Der Biber ist mit 10 bis 30 kg das grösste europäische Nagetier.<br />
Er ist hervorragend an das Leben im Wasser angepasst<br />
und besitzt Schwimmhäute an den Hintergliedmassen und<br />
einen Ruderschwanz. Der Biber ist ausgesprochen sozial und<br />
baut grosse Dämme und Burgen. Im FL: 1 Art<br />
Schläfer (Gliridae)<br />
Die kleinen bis mittelgrosssen Nagetiere besitzen einen buschigen<br />
Schwanz. Sie sind hauptsächlich Baumbewohner<br />
und machen einen Winterschlaf. Ihr typischer Lebensraum<br />
sind Wälder und Hecken. Im FL: 3 Arten<br />
Langschwanzmäuse (Muridae)<br />
Ihr auffälligstes Merkmal ist der lange, meist kaum behaarte<br />
Schwanz. Dieser ist eine Balancierhilfe beim Klettern. Sie<br />
besitzen grosse Augen und Ohren. Die Hintergliedmassen<br />
sind kräftiger ausgebildet als die Vordergliedmassen. Daher<br />
können sie sich hüpfend fortbewegen. Tagsüber halten sich<br />
die meisten Arten in unterirdischen Bodennestern auf.<br />
Nachts sie sind über dem Erdboden aktiv und klettern auch<br />
gerne. Sie sind vorwiegend Bewohner von Wäldern und<br />
Hecken. Im FL: 6 Arten<br />
Wühlmäuse (Arvicolidae)<br />
Die kleinen bis mittelgrossen Nagetiere sind dank ihrer gedrungenen<br />
Gestalt und ihrer kurzen Beinen gut an das<br />
Leben in unterirdischen Gängen angepasst. Augen und<br />
Ohren sind sehr klein. Der kurze Schwanz erreicht nie die<br />
Körperlänge. Wühlmäuse leben mehrheitlich im offenen<br />
Gelände, das heisst auf Wiesen, Weiden und Äckern. Hier<br />
legen sie ausgedehnte Baue und Wechsel an. Im FL: 6 Arten<br />
Abb. 114 Der <strong>Liechtenstein</strong>er Biber bei Ruggell.<br />
(Foto: Xaver Roser)<br />
Jürg Paul Müller