Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Grosser Abendsegler (Nyctalus noctula)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Der Grosse Abendsegler ist eine unserer grössten Fledermausarten.<br />
Die langen schmalen Flügel erreichen eine<br />
Spannweite von bis zu 40 cm. Mit seiner kurzen Schnauze<br />
und dem breiten Kopf ist der Grosse Abendsegler eine sehr<br />
kompakte Erscheinung. Das kurzhaarige, samtartige Rückenfell<br />
ist im Sommer rostbraun und nach dem herbstlichen<br />
Haarwechsel länger und mittel- bis dunkelbraun. Gesicht,<br />
Ohren und Flughaut sind dunkel. Gemeinsames Merkmal<br />
aller Abendseglerarten sind kurze, breite, gerundete Ohren<br />
mit einem pilzförmigen Tragus (Ohrdeckel).<br />
Biologie<br />
Die eingangs erwähnten langen schmalen Flügel befähigen<br />
den Abendsegler zum schnellen, geradlinigen Flug bis in<br />
grosse Höhen. Im freien Luftraum jagt er nach meist kleinen<br />
Schwarminsekten wie Zuck- und Stechmücken, Eintags- und<br />
Köcherfliegen, Netzflüglern und kleinen Nachtfaltern. Grössere<br />
Beutetiere wie Mai- und Junikäfer oder Blattwanzen<br />
verfolgt er oft bis wenige Meter über dem Boden, wobei<br />
aber stets ein Respektabstand zu Waldrändern oder Baumgruppen<br />
eingehalten wird. Im Frühling und Herbst fliegen<br />
Abendsegler oft schon am Nachmittag aus und können dann<br />
mit Schwalben und Mauerseglern bei der gemeinsamen<br />
Jagd beobachtet werden.<br />
Wie Zweifarben-, Rauhaut- und wahrscheinlich auch Mückenfledermäuse<br />
legen die Abendsegler zwischen Fortpflanzungsund<br />
Überwinterungsgebiet oft längere Strecken in Richtung<br />
nordost–südwest im Herbst und in umgekehrter Richtung im<br />
Frühling zurück. Um die Zugrouten zu erforschen, wurden in<br />
Europa über 55’000 Grosse Abendsegler beringt. Die Wochenstuben<br />
in den Fortpflanzungsgebieten in Osteuropa zählen<br />
selten mehr als 50 Weibchen. Oft gebären diese Zwillinge.<br />
In dieser Zeit bilden die in Mitteleuropa gebliebenen Männchen<br />
meist kleine Kolonien. Die Wan derungen der Männchen<br />
beginnen erst mit dem Ende der Jungenaufzucht und dem Beginn<br />
der Paarungszeit. Dann verteilen sie sich entlang der<br />
Flugrouten der Weibchen, die sich ab Mitte August in ihr<br />
Überwinterungsgebiet aufmachen. Die Männchen beziehen<br />
hier ihre Paarungsquartiere und versuchen mit lautstarken<br />
Balzgesängen die Weibchen in ihr Quartier zu locken. Mit Beginn<br />
des Winterschlafes, der beim Abendsegler sehr spät erst<br />
im November oder Dezember beginnt, finden sich auch die<br />
Männchen wieder im Überwinterungsgebiet ein. Winterquartiere<br />
werden in geräumigen Baumhöhlen, in Spalten an Brücken<br />
oder an Gebäuden bezogen. Hier sind es Fassadenhohlräume,<br />
Mauerspalten oder Rollladenkästen, die dieser<br />
winterfesten Art Unterschlupf bieten. Dabei können Frosttemperaturen<br />
bis zu -10°C für kurze Zeit unbeschadet überstanden<br />
werden, führen aber auch oft zu Quartierwechseln.<br />
Wie alle ziehenden Arten erreichen Abendsegler ein für Fledermausverhältnisse<br />
geringes Höchstalter von rund 12 Jahren.<br />
Verbreitung<br />
Das Areal des Grossen Abendseglers erstreckt sich von Westeuropa<br />
bis nach Ostasien, wo er auch Japan und Taiwan besiedelt.<br />
Im Mittelmeerraum nur lückenhaft verbreitet, fehlt<br />
er in Schottland und im grössten Teil Irlands. In Südskandinavien<br />
erreicht er den 60. Breitengrad. Die Fortpflanzungsgebiete<br />
der europäischen Abendsegler liegen in Nord- und<br />
Ostdeutschland, im Baltikum und in Russland. In Mitteleuropa<br />
befinden sich die Überwinterungsgebiete. In Teilen der<br />
Niederlande, Norddeutschlands und Südskandinaviens<br />
werden auch ortstreue Populationen vermutet. Dasselbe gilt<br />
für die Abendsegler in England. Die beim Zug zurückgelegten<br />
Distanzen liegen meist unter 1000 km. Streckenrekord<br />
bedeutet ein Überflug von Woronesh am Don nach Südbulgarien<br />
mit rund 1’600 km.<br />
In der Schweiz ist der Grosse Abendsegler in allen grösseren<br />
Flusstälern und in der Nähe der grösseren Seen nachgewiesen.<br />
Dies trifft auch für Österreich zu, wobei vor allem der<br />
Osten Österreichs und hier wiederum speziell die Stadt Wien<br />
als wichtiges Überwinterungsgebiet für grosse Populationen<br />
des Grossen Abendseglers gilt. In unmittelbarer Grenznähe<br />
zu <strong>Liechtenstein</strong> sind mehrere Quartiere des Grossen Abendseglers<br />
nachgewiesen, so in den Gerüstlöchern des Feldkircher<br />
Katzenturmes (WALDER 1994), im Lüftungsschacht eines<br />
Buchser Bürogebäudes mit ehemals bis zu 200 Tieren, in<br />
Spalten einer Autobahnbrücke bei Lienz und in mehreren<br />
Baumhöhlen in den Wartauer und Werdenberger Rheinauen,<br />
in denen diese Art oft mit Wasserfledermäusen (Myotis<br />
daubentonii) vergesellschaftet ist (GERBER, schriftl. Mittlg.,<br />
HOCH & GERBER 1999).<br />
In <strong>Liechtenstein</strong> wurden erstmals Anfang August und September<br />
1982 zwei männliche Abendsegler in Balzers und<br />
Vaduz gefunden. Mitte Mai 1983 gelang in Vaduz ein weiterer<br />
Fund eines Männchens. Gleichzeitig konnten jagende<br />
Tiere mit dem Ultraschalldetektor in der gesamten Talebene<br />
gehört werden (WIEDEMEIER 1984). Seither sind lediglich drei<br />
weitere Einzeltiere in Triesen nachgewiesen worden: Im September<br />
1995 lag ein vom Zug erschöpftes Weibchen in der<br />
Nähe der Pfarrkirche auf der Strasse (HOCH 1997), im November<br />
verirrte sich ein Männchen auf dem Spoerry-Areal in ein<br />
Zimmer und im September 2002 wurde ein solches auf St.<br />
Mamerta von einer Katze getötet.