Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteinii)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Trotz der auffallend langen Ohren gehört die Bechsteinfledermaus<br />
zu den Mausohrverwandten (Gattung Myotis) und<br />
nicht zu den Langohren (Gattung Plecotus). So stehen ihre<br />
Ohren im Gegensatz zu jenen der eigentlichen Langohren<br />
an der Basis nicht zusammen. Die Ohren der Bechsteinfledermaus<br />
überragen beim Herunterklappen die Schnauze<br />
deutlich. Im Vergleich zu den übrigen Myotis-Arten ist die<br />
Schnauze ausserdem lang und schmal. Mit einem Normalgewicht<br />
von sieben bis zehn Gramm und einer Flügelspannweite<br />
von 25 bis 30 cm zählt sie zu den mittelgrossen Fledermausarten.<br />
Das relativ langhaarige und dichte Fell ist auf<br />
dem Rücken rötlich-braun oder braun, auf dem farblich<br />
deutlich abgegrenzten Bauch gelb-grau oder beige gefärbt.<br />
Das helle Gesicht ist von rötlicher Farbe. Innerhalb der Gattung<br />
Myotis ist die Bechsteinfledermaus dank ihres Äusseren<br />
eindeutig bestimmbar.<br />
Biologie<br />
Von April bis Mai beziehen Wochenstubenverbände ihre<br />
Sommerquartiere. Die Kolonien zählen ein bis mehrere dutzend<br />
Weibchen, die eng miteinander verwandt sind. Ein typisches<br />
Verhalten ist ein reger Wechsel zwischen immer wiederkehrendem<br />
Aufteilen und Zusammenschliessen eines<br />
Verbandes. Die Quartiere der Teilgruppen liegen dabei in<br />
engster Nachbarschaft. Ein kleinräumig hohes Quartierangebot,<br />
wie es in vielen Fledermauskastenrevieren vorhanden<br />
ist, fördert dieses Verhalten massgeblich. Generell beziehen<br />
die Gruppen alle paar Tage ein neues Tagesquartier. Erwachsene<br />
Männchen sind Einzelgänger und bleiben ihren<br />
Quartieren über längere Zeit treu. Die Geburten finden von<br />
Anfang Juni bis Anfang Juli statt. Im August lösen sich die<br />
Wochenstubenkolonien bereits wieder auf. Ähnlich wie andere<br />
Myotis-Arten zeigt im Spätsommer und Herbst auch die<br />
Bechsteinfledermaus ein ausgeprägtes Schwärmverhalten<br />
an Höhlen. Hier finden sich Tiere aus verschiedenen Kolonien<br />
zur Paarung ein. Junge Weibchen siedeln sich meist in<br />
ihren Geburtswochenstuben an, junge Männchen hingegen<br />
verlassen ihren Geburtsort und wandern ab. Das bekannte<br />
Höchstalter beträgt 21 Jahre.<br />
Offene Flächen zwischen Tagesquartier und Jagdgebiet<br />
überbrückt die Bechsteinfledermaus im raschen Flug tief<br />
über dem Boden oder entlang von Bäumen und Feldgehölzen.<br />
Die Beutesuche erfolgt in unterholzfreien Waldflächen<br />
dicht über dem Boden sowie im Kronenbereich der Bäume.<br />
Mit ihren breiten Flügeln kann die Bechsteinfledermaus<br />
dabei sehr wendig und langsam fliegen und nach Beute Ausschau<br />
halten. Dem Ablesen der Beutetiere vom Boden sowie<br />
von Ästen und Blättern geht meist eine kurze Rüttelflugsequenz<br />
voraus. Bei der Lokalisierung der Beutetiere macht<br />
sich die Bechsteinfledermaus deren Raschelgeräusche zunutze<br />
– ihre grossen Ohren sind dafür bestens geeignet. Die<br />
Nahrung setzt sich vor allem aus flugunfähigen Gliedertieren<br />
des Waldes zusammen und variiert erheblich je nach Jahreszeit.<br />
Das Beutespektrum umfasst Schmetterlinge, Käfer,<br />
Schnaken, Florfliegen und Spinnen. Je nach Region und Jahreszeit<br />
zählen auch Weberknechte, Ohrwürmer, Raupen,<br />
Laubheuschrecken, Wanzen und Laufkäfer zur Beute.<br />
Die Bechsteinfledermaus gilt als ortstreue Art, deren Sommer-<br />
und Winterquartiere in der Regel nur wenige Kilometer<br />
auseinander liegen. Vereinzelt sind saisonale Wanderungen<br />
bis 73 km belegt.<br />
Verbreitung<br />
Die Bechsteinfledermaus ist im Bereich der gemässigten Buchenwaldzone<br />
in West, Mittel- und Osteuropa weit, im südlichen<br />
Europa hingegen nur inselartig verbreitet. Die nördliche<br />
Verbreitungsgrenze verläuft von Süd-England über<br />
Süd-Schweden und Zentral-Polen bis zum Schwarzen Meer.<br />
Ausserhalb Europas existieren einzelne regionale Vorkommen<br />
in Anatolien, Iran sowie im Kaukasus. Im Alpenrheintal<br />
ist die Art bisher nur im Kanton St. Gallen und in <strong>Liechtenstein</strong><br />
nachgewiesen worden. In <strong>Liechtenstein</strong> sind bisher lediglich<br />
zwei Totfunde von Einzeltieren aus Schaan und eine<br />
männliche Bechsteinfledermaus aus Balzers, die im Kuhstall<br />
an einer Fliegen-Klebefalle hängengeblieben war, bekannt<br />
(HOCH, schriftl. Mitteilung). Die einzigen Quartiernachweise<br />
aus dem Alpenrheintal stammen aus der Region Werdenberg<br />
(GERBER 2003). So sind aus den Rheinauen bei Buchs drei<br />
beieinander liegende Wochenstubenquartiere in Bäumen<br />
nachgewiesen. Ein weiterer Fund aus der Region Werdenberg<br />
betrifft ein Männchen, das im Spätsommer an einer<br />
Höhle in Wartau gefangen wurde.<br />
Lebensraum<br />
Die Bechsteinfledermaus gilt als Charakterart der europäischen<br />
Laubmischwälder. Sie bevorzugt generell<br />
strukturreiche Laubmischwälder mit einem hohen Altbaum-<br />
Anteil, insbesondere mit Eichen, bewohnt aber gerne auch<br />
Hochstammobstgärten in Waldnähe. Im St. Galler Rheintal<br />
befinden sich die bekannten Wochenstubenbäume in einem<br />
ehemaligen Auenwald (GERBER 2003). Als Wochenstubenquartiere<br />
dienen hauptsächlich Spechthöhlen,