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Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein

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60<br />

Kleines Mausohr (Myotis oxygnathus)<br />

Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />

Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />

Merkmale<br />

Foto: René Güttinger<br />

Leben Fledermäuse an und für sich schon heimlich, gilt dies<br />

aus menschlicher Perspektive ganz besonders für das Kleine<br />

Mausohr. Weil die Art vielerorts in Mischkolonien mit dem<br />

ähnlich aussehenden, aber deutlich häufigeren Grossen<br />

Mausohr lebt, bleibt ihr Vorkommen oft verborgen. Ein<br />

Nachweis ist einzig durch eine akribische Kontrolle von<br />

Mausohrkolonien möglich. Im Alpenrheintal beispielsweise<br />

wurde sie jahrzehntelang übersehen, weil man aus reiner<br />

«Betriebsblindheit» gar nie in Erwägung gezogen hatte,<br />

dass nebst dem Grossen auch das Kleine Mausohr im Gebiet<br />

vorkommen könnte. Erst in den 1990er Jahren führte eine<br />

gezielte regionale Untersuchung zum Nachweis der Art (AR-<br />

LETTAZ et al. 1994).<br />

Das Kleine Mausohr ist trotz seines Artnamens eine der<br />

grössten Fledermausarten Europas und nur unwesentlich<br />

kleiner als das Grosse Mausohr. Es sieht seiner Geschwisterart<br />

sehr ähnlich und ist äusserlich nur anhand bestimmter<br />

Körpermerkmale von diesem zu unterscheiden. So hat das<br />

Kleine Mausohr kürzere und schmälere Ohren, eine leicht<br />

kürzere Schnauze sowie einen bis zur Spitze hell gefärbten<br />

Ohrdeckel. Im Alpenraum besitzen die Tiere am Scheitel<br />

einen Fleck aus hellen Haaren, der beim Grossen Mausohr<br />

fehlt. Zudem ist die obere Zahnreihenlänge vom Eckzahn bis<br />

zum hintersten Backenzahn beim Kleinen Mausohr mit maximal<br />

9,4 mm deutlich kürzer als beim Grossen Mausohr.<br />

Aktuelle DNA-Analysen haben dazu geführt, das europäische<br />

Kleine Mausohr als eigene Art von seinen asiatischen<br />

Verwandten abzutrennen. Der wissenschaftliche Artname<br />

Myotis blythii, unter welchem europäische und asiatische<br />

Kleine Mausohren bislang zusammengefasst wurden, gilt<br />

deshalb nur noch für die asiatische Form.<br />

Biologie<br />

Das Kleine Mausohr lebt vom Frühjahr bis zum Herbst in Tagesquartieren<br />

(Wochenstubenquartiere), die aus Weibchen<br />

und vereinzelt auch aus Männchen bestehen. Männchen<br />

leben überwiegend einzelgängerisch. Die Art gehört zu den<br />

am spätesten ausfliegenden Arten (erst bei deutlicher Dunkelheit),<br />

ist bei geeigneter Witterung während der ganzen<br />

Nacht im Jagdgebiet flugaktiv und kehrt morgens vergleichsweise<br />

früh ins Tagesquartier zurück. Während der Jungenaufzucht<br />

unterbrechen säugende Weibchen gelegentlich die<br />

Jagd und fliegen bereits um Mitternacht ins Tagesquartier<br />

zurück, bevor sie nach einer ein- bis zweistündigen Aktivitätspause<br />

nochmals zur Jagd aufbrechen. Im Jagdgebiet wird<br />

die meist mehrere dutzende Minuten dauernde Flugaktivität<br />

durch regelmässige Ruhepausen unterbrochen.<br />

Die Nahrung besteht zur Hauptsache aus Laubheuschrecken.<br />

Je nach Untersuchungsgebiet und Jahreszeit bilden auch<br />

Schnaken, Feldheuschrecken, Laufkäfer und Maulwurfsgrillen<br />

einen grösseren Nahrungsanteil. Im Alpenrheintal treten<br />

Laubheuschrecken ab Juni in der Nahrung auf und werden<br />

danach zur dominierenden Beute (GÜTTINGER et al. 2006 b).<br />

Bei jahreszeitlichem Massenauftreten können kurzfristig<br />

auch Maikäfer (Mai-Juni) sowie die Wiesenschnake (August-<br />

September) zur Hauptbeute werden. Seine Beute sucht das<br />

Kleine Mausohr im niedrigen Suchflug in Wiesen und Weiden.<br />

Es liest die Beutetiere entweder aus einem kurzen Rüttelflug<br />

direkt von der Vegetation ab oder fängt diese durch<br />

kurze Landungen im Gras (GÜTTINGER et al. 1998).<br />

Die Paarungszeit liegt im August-September, wobei die<br />

Männchen bereits im Juli ihre Balzquartiere besetzen. Diese<br />

befinden sich im peripheren Bereich der Wochenstubenquartiere<br />

oder ausserhalb derselben. Die Männchen locken<br />

paarungswillige Weibchen mit Balzgesängen an und bilden<br />

mit diesen Harems mit bis zu sechs Weibchen. Erst im darauffolgenden<br />

Jahr gebären die Weibchen ihr einzelnes<br />

Jungtier. Die Geburten erfolgen im Alpenrheintal im Juni<br />

(vermutlich vereinzelt auch erst im Juli), wo die Jungtiere ab<br />

Mitte Juli entwöhnt und selbständig werden. Die durchschnittliche<br />

Lebenserwartung wird auf drei bis vier Jahre geschätzt.<br />

Das bekannte Höchstalter markiert ein 33 Jahre<br />

altes Tier aus dem Wallis. Dies ist eine der ältesten bisher gefunden<br />

Fledermäuse weltweit.<br />

In Europa lebt das Kleine Mausohr meist gemeinsam mit<br />

dem Grossen Mausohr im selben Wochenstubenquartier.<br />

Hier nutzen sie in gemischten Gruppen dieselben Hangplätze.<br />

In Höhlenquartieren Süd- und Osteuropas bildet die Art<br />

auch mit weiteren Fledermausarten gemeinsame Cluster.<br />

Abb. 74 Die Triesner Pfarrkirche ist das bedeutendste<br />

Fledermausquartier <strong>Liechtenstein</strong>s – hier leben, in einer<br />

Mischkolonie, Grosses und Kleines Mausohr gemeinsam<br />

unter einem Dach. (Foto: Silvio Hoch)

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