Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
174<br />
Gämse (Rupicapra rupicapra)<br />
Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla)<br />
Familie: Hornträger (Bovidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: Markus Stähli<br />
Gämsen sind sehr robust, ertragen auch hohe Schneelagen<br />
gut und waren in der Vergangenheit im Alpengebiet nie so<br />
stark reduziert oder fast ausgerottet worden wie die<br />
anderen Huftierarten. Die Gämse ist wie der Alpensteinbock<br />
ein Rudeltier und eine Charakterart des Hochgebirges, hält<br />
sich aber in der Regel in tieferen Lagen auf als der Stein -<br />
bock, wobei sich deren Aufenthaltsgebiete je nach Jahreszeit<br />
überschneiden. Ein kurzer, kräftiger Körperbau mit rela -<br />
tiv langen, kräftigen Beinen und stumpfen paarigen Hufen<br />
(«Schalen») zeichnet die Gämse aus. Die Hufe weisen scharfe<br />
Kanten und weiche Sohlenpolster auf, die einen optimalen<br />
Halt im steilen Fels ermöglichen und durch starke Spreizfähigkeit<br />
das Versinken im tiefen Schnee verhindern. Die<br />
Beingelenke bilden spitze Winkel, was das weite Springen<br />
und Abfedern in steilem Gelände unterstützt. Bei allen Bovi -<br />
den arten tragen sowohl Weibchen wie Männchen Hörner<br />
(«Kruken»). Die des Gamsbockes sind etwas stärker gebaut<br />
und an der Spitze stärker gekrümmt als diejenigen der<br />
Gams geissen. In der Länge der Hörner bestehen kaum<br />
Unter schiede. Weil Hörner nicht wie bei Cerviden jährlich<br />
abgeworfen werden sondern lebenslang weiterwachsen,<br />
bilden sich während des Wachstumsstillstands im Winter<br />
Jahrringe, die die genaue Altersbestimmung am toten Tier<br />
ermöglichen. Der Bock ist rund 10% bis 20% grösser als die<br />
Geiss. Das Körpergewicht eines lebenden Bockes beträgt 35<br />
bis 50 Kg bei der Geiss sind es 25 bis 40 Kg. Vor allem im<br />
dunkelgrauen bis fast schwarzen Winterfell mit den langen<br />
«Bart»-Haaren am Rücken, wirkt der Bock sehr imposant.<br />
Das von Juni bis August getragene kurzhaarige Sommerfell<br />
von Geiss und Bock ist gelblich-braungrau. Stirne und<br />
Wangen bis zum Halsansatz sind gelblich-weiss gefärbt.<br />
Zwischen Stirne und Wangen zieht sich ein dunkles Haar -<br />
band vom Krukenansatz bis zum Mund. Das Gamsfell mit<br />
seiner dichten Unterwolle isoliert im Winter so gut, dass<br />
darauf liegender Schnee durch die Körperwärme nicht<br />
schmilzt. Eine Besonderheit des Gamsgebisses ist die Härte<br />
und Dauerhaftigkeit der Backenzähne. Während bei Cer -<br />
viden mit zunehmendem Alter eine starke Abnützung der<br />
Zahnkronen deutlich sichtbar ist, wird bei Gämsen mit zu-<br />
nehmendem Alter die Zahnkrone im Kieferknochen angehoben,<br />
sodass die Zähne praktisch immer gleich hoch erscheinen<br />
und auch in hohem Alter eine gute Nahrungsaufnahme<br />
und damit einen Fortpflanzungsvorteil ergeben. Das<br />
aus 32 Zähnen bestehende Dauergebiss trägt im Oberkiefer<br />
wie bei allen Wiederkäuern keine Schneidezähne.<br />
Biologie<br />
Gämsen bewohnen felsdurchsetzte Gebiete oberhalb und<br />
unterhalb der Waldgrenze. Sie sind Wiederkäuer und ernähren<br />
sich ähnlich wie der Steinbock zur Hauptsache von<br />
Gräsern. Der Unterschied zwischen den beiden Wildarten besteht<br />
darin, dass die Nahrung der Gämsen im Sommer mehr<br />
Kräuter enthält und deutlich eiweisshaltiger ist als beim<br />
Steinbock, welcher mehr rohfaserhaltige Nahrung aufnimmt.<br />
Im Winter nimmt der Gehalt an Nadel- und Laub bäumen in<br />
der Nahrung des Gamswildes zu, was je nach Waldgesellschaft<br />
zu Schäden führen kann. Bezoarkugeln – unverdauliche,<br />
mit Haaren verfilzte ovale Gebilde – können ähnlich<br />
wie beim Steinwild auch im Labmagen des Gamswildes<br />
vorkommen. Gämsen verteidigen für sich selber immer einen<br />
gewissen Freiraum von einigen Metern, weshalb Einzeltiere<br />
auch innerhalb des Rudels immer einen bestimmten Minimalabstand<br />
zueinander einhalten, der nur zwischen Kitz und<br />
Muttertier unterschritten wird. Die Rudel bestehen ausserhalb<br />
der Brunftzeit vorwiegend aus Weib chen, Jährlingen<br />
und Kitzen, die von einer Leitgeiss an ge führt werden.<br />
Der hohe Anpassungsgrad an das Gebirgsleben wird unterstrichen<br />
durch die hohe Dichte roter Blutkörperchen, die<br />
beim Gams 12 Millionen pro mm 3 Blut betragen, beim Men -<br />
schen sind es 4,5 Millionen pro mm 3 . Die Brunftzeit findet im<br />
Spätherbst von Ende Oktober bis Anfang Dezember statt.<br />
Abb. 209 Die Gämse ist ein ausgezeichneter Kletterer.<br />
(Foto: Markus Stähli)