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Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein

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58<br />

Grosses Mausohr (Myotis myotis)<br />

Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />

Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />

Merkmale<br />

Foto: René Güttinger<br />

Das Grosse Mausohr ist die klassische Kirchenfledermaus<br />

schlechthin, welche bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in<br />

Mitteleuropa vom Flachland bis in mittlere Höhenlangen<br />

zahlreiche Kirchendachstöcke bewohnt hat. Aus jener Zeit,<br />

als Fledermäuse bei uns generell noch häufiger waren, ist<br />

diese Fledermausart vielen älteren Personen bestens vertraut<br />

– sei es, weil sie als Kinder Kirchturm und -dachstuhl als<br />

heimliches Spielzimmer benutzten oder weil sie den haufenweise<br />

anfallenden, guanoartigen Kot als wertvollen Gartendünger<br />

einsammeln mussten. Das Grosse Mausohr ist mit<br />

einem Normalgewicht von 20 bis 30 g und einer imposanten<br />

Flügelspannweite von gut 40 cm die grösste Fledermausart<br />

<strong>Liechtenstein</strong>s. Sie ist die namensgebende «Charakterart»<br />

der Gattung Myotis, der «Mausohrverwandten». Typische<br />

Merkmale aller Myotis-Arten sind die recht lange, kräftige<br />

Schnauze, die relativ langen, spitzen Ohren mit einem geraden,<br />

spitz auslaufen Ohrdeckel (Tragus) sowie eine vom dunklen,<br />

in Brauntönen gehaltenen Rückenfell deutlich abgesetzte<br />

helle Unterseite.<br />

Seiner Grösse entsprechend besitzt das Grosse Mausohr<br />

lange und breite Ohren. Das Fell ist auf dem Rücken braun<br />

bis rötlichbraun, auf dem Bauch weissgrau bis beige gefärbt.<br />

Jungtiere sind deutlich grauer gefärbt. Äusserlich kann die<br />

Art leicht mit dem Kleinen Mausohr (Myotis oxygnathus)<br />

verwechselt werden. Das Grosse Mausohr ist im Vergleich jedoch<br />

kräftiger gebaut. Vor allem Schnauze und Ohren sind<br />

deutlich breiter ausgebildet. Sein Ohrdeckel (Tragus) ist an<br />

der Spitze fast immer dunkel pigmentiert. Eine sichere Unterscheidung<br />

der beiden Geschwisterarten ist nur Spezialisten<br />

möglich.<br />

Biologie<br />

Kolonien des Grossen Mausohrs bewohnen vom März bis<br />

Oktober ihre Wochenstubenquartiere. Diese Wochenstubenverbände<br />

setzen sich aus Weibchen mit ihren Jungen sowie<br />

einzelnen, noch nicht geschlechtsreifen Männchen zusammen.<br />

Erwachsene Männchen sind Einzelgänger und nutzen<br />

individuelle Hangplätze in anderen Quartierräumen, gelegentlich<br />

auch in Wochenstubenquartieren, jedoch in gebührendem<br />

Abstand von der Kolonie. Das Grosse Mausohr gehört<br />

zu den am spätesten ausfliegenden Arten, die ihr<br />

Quartier erst bei deutlicher Dunkelheit verlassen und morgens<br />

zeitig zurückkehren. Bei geeigneter Witterung dauert<br />

die Jagd über die ganze Nacht. Während der Jungenaufzucht<br />

können säugende Weibchen die Jagd unterbrechen<br />

und gegen Mitternacht ins Tagesquartier zurückkehren,<br />

bevor sie nach einer ein- bis zweistündigen Ruhepause nochmals<br />

zur Jagd aufbrechen. Im Jagdgebiet wird die meist<br />

mehrere dutzende Minuten dauernde Jagdphase durch regelmässige<br />

Pausen unterbrochen.<br />

Wie in ganz Mitteleuropa stellen Laufkäfer auch bei den<br />

Triesner Grossen Mausohren die Hauptbeute dar (GÜTTINGER<br />

et al. 2006a). Je nach Untersuchungsgebiet und Jahr machen<br />

weitere Beutegruppen einen beträchtlichen Anteil an der<br />

Nahrung aus. So können in <strong>Liechtenstein</strong> im Mai und Juni<br />

Maikäfer gehäuft auftreten und kurzzeitig gar die Nahrung<br />

dominieren. Die ab Juni erbeuteten Feldheuschrecken werden<br />

im August und September, gemeinsam mit den Laufkäfern,<br />

zur wichtigsten Beutegruppe. Seine Beutetiere sucht<br />

das Grosse Mausohr im niedrigen Suchflug über dem Boden.<br />

Es liest die Beutetiere, die es anhand der Laufgeräusche findet,<br />

entweder aus einem kurzen Rüttelflug direkt vom<br />

Boden ab oder fängt diese durch kurze Landungen. Dementsprechend<br />

findet man in der Nahrung praktisch nur grosse,<br />

mit vergleichweise kräftigen Beinen ausgestattete Gliedertiere,<br />

die entweder flugunfähig oder nachts nicht<br />

flugaktiv sind. In dieses Bild passen auch weitere typische<br />

Beutetiergruppen wie Laufkäferlarven, Mistkäfer, Dungkäfer,<br />

Kurzflügler, Feldgrillen, Wiesenschnaken, Hundertfüsser<br />

und Spinnen.<br />

Die Geburten erfolgen im Alpenrheintal im Juni, vereinzelt<br />

auch erst im Juli. Die Jungtiere werden ab Mitte Juli selbständig.<br />

In Jahren mit kühler und regnerischer Sommerwitterung<br />

sterben bis zu 90 Prozent der Jungtiere bereits vor<br />

dem Flüggewerden. Im August verlassen die erwachsenen<br />

Weibchen die Wochenstubenkolonie, um sich mit verschiedenen<br />

Männchen zu paaren. In dieser Jahreszeit (August bis<br />

September) bilden Männchen mit den paarungswilligen<br />

Weibchen Harems mit bis zu fünf Weibchen. Die zunehmend<br />

nur noch aus entwöhnten Jungtieren bestehenden Wochenstubenkolonien<br />

lösen sich im September und Oktober allmählich<br />

auf. Die durchschnittliche Lebenserwartung wird<br />

auf etwas drei bis fünf Jahre geschätzt. Das bekannte Höchstalter<br />

liegt bei 25 Jahren. Saisonale Wanderungen zwischen<br />

Sommer-, herbstlichem Schwärm- und Winterquartieren erstrecken<br />

sich meist im Bereich von 50 bis 100 km. Paarungsquartiere<br />

liegen lediglich bis zu 12 km, Winterquartiere im<br />

Mittel um die 28 km (Männchen) respektive 50 km (Weibchen)<br />

vom Wochenstubenquartier entfernt. Diese Zahlen<br />

gelten für Untersuchungsgebiete in Deutschland.<br />

Im Alpenrheintal lebt das Grosse Mausohr meist gemeinsam<br />

mit dem Kleinen Mausohr im selben Wochenstubenquartier<br />

(GÜTTINGER et al. 2006b). Hier nutzen sie in gemischten Gruppen<br />

dieselben Hangplätze.

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