Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: René Güttinger<br />
Der Name Zwergfledermaus ist zutreffend, denn bis zur Entdeckung<br />
der Mückenfledermaus war sie mit knapp 20 cm<br />
Flügelspannweite die kleinste einheimische Fledermausart.<br />
Gleichzeitig darf sie als «biologisches Erfolgsmodell» im Alpenvorland<br />
betrachtet werden. Keine andere Fledermausart<br />
ist nur annähernd so häufig und in allen Lebensräumen und<br />
Höhenlagen zu finden wie dieser nur fünf Gramm schwere<br />
Winzling. Sie ist aber von den anderen drei Vertretern der<br />
Gattung Pipistrellus nicht leicht zu unterscheiden, da sich die<br />
Körpermasse mit diesen überschneiden können. Geringe<br />
Grösse, variable Fellfärbung in verschiedenen Brauntönen,<br />
kurze dreieckige Ohrform mit stumpfem, abgerundetem<br />
und nach vorne gerichtetem Ohrdeckel (Tragus) sind allen<br />
Gattungsverwandten gemeinsam. Von allen Pipistrellus-<br />
Arten aber hat die Zwergfledermaus die dunkelste Gesichtsund<br />
Flughautfärbung. Diese ist meist schwarzbraun. Von der<br />
Mücken- und Rauhautfledermaus unterscheidet sie sich<br />
zudem durch die fehlende Behaarung der Schwanzflughaut<br />
und in der Ausgestaltung bestimmter Felder der Armflughaut,<br />
die durch elastische Fasern gebildet werden (siehe<br />
Abb. 91). Zur Unterscheidung von Rauhaut- und Weissrandfledermaus<br />
dienen auch Zahnmerkmale und der meist nur<br />
bei letzterer vorhandene, namengebende helle Rand der<br />
Flughaut.<br />
Biologie<br />
Fortpflanzungsquartiere befinden sich praktisch immer in<br />
Spalträumen von Gebäuden. Diese können bis zu mehrere<br />
hundert Weibchen umfassen. Die Geburt der 1-2 Jungtiere<br />
erfolgt meist in der ersten Junihälfte. Typisch für die Zwergfledermaus<br />
sind häufige Quartierwechsel auch während der<br />
Säugezeit. Flügge werden die Jungtiere mit rund vier Wochen,<br />
wobei sie aber noch zwei weitere Wochen gesäugt<br />
werden.<br />
Zur Jagd fliegt die Zwergfledermaus gleich zu Beginn der<br />
Dämmerung aus, so dass die vielen Meldungen von abends<br />
ums Haus fliegenden Fledermäusen meist dieser Art zuzu-<br />
ordnen sind. Auffallend ist dabei ihr äusserst wendiger Flug,<br />
mit abgewinkelten Flügeln und raschem Flügelschlag. Als<br />
Nahrung dienen der Zwergfledermaus vor allem Zweiflügler,<br />
wie Mücken aller Art oder Fliegen. Aber auch Hautflügler,<br />
kleine Falter oder Käfer, Köcher- und Eintagsfliegen. Sie erscheint<br />
also einerseits als Generalistin, die alles jagt, was die<br />
geeignete Grösse hat, andererseits aber kann sie sich bei<br />
einem hohen Nahrungsangebot auf wenige Beutearten beschränken.<br />
Auch im Winterquartier bevorzugt die Zwergfledermaus<br />
enge Spalten, teils in Höhlen, häufig aber auch in und an<br />
Gebäuden. Typisch für diese Art ist ihr Schwärmverhalten<br />
vor potentiellen Quartieren. Als Invasionen bezeichnet die<br />
Fachwelt die im August und September stattfindenden Einflüge<br />
oft grosser Gruppen von meist Jungtieren durch Kippfenster<br />
oder andere Öffnungen in Gebäude. Das Schwärmen<br />
vor Winterquartieren dient offensichtlich dazu, diese frühzeitig<br />
kennen zu lernen.<br />
Die Zwergfledermaus gilt als sehr ortstreu. In Mitteleuropa<br />
können kaum Ortswechsel über grössere Distanzen beobachtet<br />
werden. Das bislang nachgewiesene Höchstalter beträgt<br />
gut 16 Jahre.<br />
Verbreitung<br />
Die Zwergfledermaus besiedelt ganz Süd- und Mitteleuropa<br />
und erreicht ihre Nordgrenze in Irland, Schottland, Mitteldänemark,<br />
Südschweden und Südfinnland, wobei über<br />
deren genauen Verlauf vor allem in Skandinavien noch<br />
Unklarheit herrscht. Der überwiegende Teil der älteren<br />
Nachweise stammt dort wohl von der neu entdeckten und<br />
im Norden viel häufigeren Mückenfledermaus. Eine eindrückliche<br />
Dominanz als häufigste Art erreicht die Zwergfledermaus<br />
nur im südlichen und westlichen Mitteleuropa.<br />
In der Schweiz fehlt die Zwergfledermaus nur in den Berggebieten<br />
oberhalb 2000 m, im Engadin und in einigen Walliser<br />
Tälern. Auch aus Österreich und speziell Vorarlberg sind<br />
mehrere Wochenstuben bekannt und es liegen Detektornachweise<br />
aus dem ganzen Lande vor.<br />
Abb. 91 Unterscheidungsmerkmale der Gattung Pipi -<br />
strellus anhand der Flughautfelder der Zwergfledermaus:<br />
Roter Pfeil: Dieser Steg fehlt bei der Mückenfledermaus.<br />
Blauer Pfeil: An dieser Stelle hat die Rauhautfledermaus<br />
einen weiteren Steg. (Foto: Silvio Hoch)