Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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während einem Jahr. Die Fluchtdistanz der Rehe vor dem<br />
Menschen ist relativ gering, wenn genügend dichte<br />
Deckung vorhanden ist. Mit Duftdrüsen an der Stirn, an den<br />
Fersen und zwischen den Hinterklauen markieren Rehe<br />
individuell ihr Revier oder ihre Fährte. Rehe gelten als<br />
Verdaulichkeits- oder Konzentratselektierer. Das heisst, sie<br />
wählen jene Nahrungspflanzen oder Pflanzenteile gezielt<br />
aus, die zu dieser Zeit die richtige Konzentration an<br />
Wirkstoffen enthalten, um eine möglichst schnelle Ver dau -<br />
ung und optimale Ernährung zu gewährleisten. Rehe ernäh -<br />
ren sich hauptsächlich von krautigen Pflanzen und meiden<br />
Gräser aufgrund der schweren Verdaulichkeit und wegen<br />
des hohen Zelluloseanteils. Der Pansen des Rehes ist im Verhältnis<br />
zu seiner Fleischmasse nur halb so gross wie der des<br />
Rothirsches. Deshalb füllen Rehe öfter den Pansen und sind<br />
auf eine schnelle Verdauung angewiesen.<br />
Verbreitung<br />
Kaum eine andere wildlebende Huftierart ist so weit und allgemein<br />
verbreitet wie das Reh. Seine enorme Anpassungsfähigkeit<br />
an sehr verschiedene, auch durch den Menschen<br />
tiefgreifend beeinflusste Lebensräume ist für ein Wildtier<br />
dieser Grössenordnung, zudem noch als spezialisierter<br />
Abb. 206 Das Reh ist auch noch in den Tallagen mit genügend<br />
Deckungsstrukturen anzutreffen.<br />
2 1 0Kilometer<br />
Wiederkäuer, einzigartig. Es ist von Westasien bis über ganz<br />
Europa verbreitet, mit Ausnahme von Irland, Island, Grönland<br />
und der meisten Mittelmeerinseln. Aufgrund seiner<br />
hohen Anpassungsfähigkeit ist das Reh bei uns sowohl ein<br />
Tal- als auch Bergbewohner und kommt in der halboffenen<br />
Riedlandschaft ebenso vor wie im Wald. In <strong>Liechtenstein</strong> besiedelt<br />
das Reh den gesamten Gebirgsraum bis über die<br />
Waldgrenze hinauf. In den Tallagen ist es zwischen Schaan<br />
und Triesen verschwunden. In den Landwirtschaftsgebieten<br />
zwischen Schaan und Eschen konnte der rückgängige Bestand<br />
durch die Anpflanzung von verbuschten Remisen in<br />
den 1980er und 1990er Jahren wieder angehoben und so<br />
das Reh vor dem Verschwinden bewahrt werden. Die höchsten<br />
Rehbestände des Talraumes leben im Ruggeller und<br />
Schellenberger Riet, wo neben den Landwirtschaftsflächen<br />
genügend Einstandsflächen mit Deckungsstrukturen vorhanden<br />
sind.<br />
Lebensraum<br />
In erster Linie benötigen Rehe dichte Unterholz- oder<br />
Streue flächen als Schutz und Versteck und in deren Nähe<br />
artenreiche Vegetation als Nahrung. In <strong>Liechtenstein</strong> wur -<br />
den in den letzten 20 Jahren grosse, geschlossene Nadelwaldflächen<br />
der unteren und mittleren Höhenlagen aufge -<br />
lichtet. Die neu heranwachsenden Mischwälder mit reicher<br />
Bodenvegetation bieten dem Reh günstigen Lebensraum innerhalb<br />
des Waldes. Naturnahe, stufige Waldränder aber<br />
auch offene Flächen mit Feldgehölzen und Hecken schaffen<br />
ebenfalls optimale Lebensräume. Dagegen finden Rehe in<br />
grossflächigen Waldgebieten mit geschlossenem Kronen -<br />
dach und knapper Bodenvegetation nicht ausrei chend Nah -<br />
rung.<br />
Gefährdung und Schutzmassnahmen<br />
Das Reh ist eine der häufigsten Wildarten in <strong>Liechtenstein</strong><br />
und in seinem Bestand nicht bedroht. Rund 600 Tiere dürfte<br />
die Population in unserem Land umfassen. Rehe sind, vor<br />
allem in waldreichen Gebieten, nicht zählbar. Anhaltspunkte<br />
über die Bestandsgrösse geben die jährlichen Abschusszahlen<br />
und die Entwicklung des Verbisses an Bäumen im<br />
Wald. Freilaufende und wildernde Hunde sowie menschliche<br />
Störungen in sonst ruhigen Waldgebieten stellen die grösste<br />
Gefährdung dar. Das Reh gehört zur Hauptnahrung der<br />
Luchse. Steinadler, Fuchs, aber auch das Wildschwein vermögen<br />
junge Rehkitze zu erbeuten. Die Zerschneidung der<br />
Lebensräume durch Strassen fordert zahlreiche Strassenopfer.<br />
Daneben können Rehkitze auch landwirtschaftlichen<br />
Mähmaschinen zum Opfer fallen. In offenen Riedgebieten<br />
und in der landwirtschaftlich genutzten Talebene sind<br />
genügend dichte Einstandsflächen erforderlich, wo Rehe<br />
und viele andere Tierarten Schutz vor menschlichen Aktivitäten<br />
finden.<br />
Michael Fasel<br />
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