Layout 1 - Landesverwaltung Liechtenstein
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Kleiner Abendsegler (Nyctalus leisleri)<br />
Ordnung: Fledermäuse (Chiroptera)<br />
Familie: Glattnasen (Vespertilionidae)<br />
Merkmale<br />
Foto: Silvio Hoch<br />
Der Kleine Abendsegler, auch Kleinabendsegler genannt, ist<br />
eine mittelgrosse Fledermausart und der kleinere Bruder des<br />
Grossen Abendseglers. Die langen schmalen Flügel erreichen<br />
eine Spannweite von rund 30 cm. Die Schnauze ist spitzer<br />
und zierlicher als beim Grossen Abendsegler. Das Rückenfell<br />
ist etwas länger und besteht aus zweifarbigen Haaren mit<br />
schwarzbrauner Basis und mittelbraunen Spitzen. Mit dem<br />
herbstlichen Haarwechsel wird die Färbung dunkler. Gesicht,<br />
Ohren und Flughaut sind schwarzbraun. Gemeinsames<br />
Merkmal aller Abendsegler sind kurze, breite, gerundete<br />
Ohren mit einem pilzförmigen Ohrdeckel (Tragus).<br />
Biologie<br />
Lange schmale Flügel befähigen den Kleinen Abendsegler<br />
zum schnellen, geradlinigen Flug. Im freien Luftraum jagt er<br />
– etwas tiefer als der Grosse Abendsegler – nach Nachtfaltern,<br />
Zweiflüglern wie Schnaken, Zuck- und Stechmücken<br />
sowie Köcherfliegen. Aber auch grössere Beutetiere wie<br />
Mai- und Junikäfer stehen auf dem Speisezettel. Der abendliche<br />
Ausflug erfolgt schon kurz nach Sonnenuntergang, im<br />
Herbst oft schon am Nachmittag.<br />
Der Kleine Abendsegler zählt zu den wandernden Arten, die<br />
zwischen den Fortpflanzungsgebieten im Nordosten und<br />
den Überwinterungsgebieten im Südwesten oft längere<br />
Strecken zurücklegen. Um die Zugrouten zu erforschen,<br />
wurden in Europa bis 2005 rund 5’000 Kleine Abendsegler<br />
beringt. Weniger als 1%, nämlich 36 Wiederfunde von beringten<br />
Kleinabendseglern belegen im Herbst eine allgemeine<br />
Zugrichtung von Nordost nach Südwest und im Frühling<br />
in umgekehrter Richtung. Einer diese Wiederfunde betrifft<br />
ein in <strong>Liechtenstein</strong> beringtes Weibchen. Es wurde Mitte November<br />
2001 stark dehydriert im Vaduzer Forsthaus gefunden.<br />
Ende Januar 2002 konnte es gut erholt und mit der<br />
Ringnummer V 085 versehen bei milden Temperaturen wieder<br />
freigelassen werden. Mitte Juli 2002 wurde es in der<br />
Nähe von Ansbach bei Nürnberg in einem Fledermauskasten<br />
mit mehreren säugenden Weibchen, also einer Wochenstu-<br />
be, kontrolliert, wobei V085 selbst nicht säugend war. Die<br />
Flugstrecke betrug 256 km (HOCH 2005).<br />
Die Wochenstuben in den Fortpflanzungsgebieten in Ost -<br />
europa zählen selten mehr als 50 Weibchen, die meist Zwillinge<br />
gebären. Die in Mitteleuropa verbliebenen Männchen<br />
bilden oft kleine Gruppen. In der herbstlichen Paarungszeit<br />
beziehen die Männchen ihre Paarungsquartiere in Baumhöhlen<br />
oder Fledermauskästen und versuchen mit ihrem<br />
Singflug oder auch mit Balzgesängen – sogenannten Sehnsuchtsrufen<br />
– vom Quartiereingang aus, die Weibchen in ihr<br />
Quartier zu locken. Winterquartiere werden in geräumigen,<br />
dickwandigen Baumhöhlen, oder seltener an Gebäuden<br />
bezogen. Von den sechs in <strong>Liechtenstein</strong> gefundenen Winterquartieren<br />
befindet sich eines in einem Fassadenhohlraum<br />
im Triesener Oberdorf, eines in einem Grossraum-Winterschlafkasten<br />
an der Vaduzer Iraggellstrasse und vier in<br />
Baumhöhlen oder Stammaufrissen in der Schaaner Fanola,<br />
in der Quadretscha beim Schloss Vaduz und im Vaduzer<br />
Schwefelwald. Teilweise waren die winterschlafenden Kleinen<br />
Abendsegler mit Grossen Abendseglern, Rauhaut- und<br />
Mückenfledermäusen vergesellschaftet. Alle Baumquartiere<br />
wurden beim Holzschlag entdeckt und zerstört (HOCH 1999a,<br />
2009a, 2010b).<br />
Seit 1998 sind in <strong>Liechtenstein</strong> 86 Kleinabendsegler beringt<br />
worden. Wiederfunde belegen eine gewisse Quartiertreue<br />
des Kleinen Abendseglers. 10 Männchen und zwei Weibchen<br />
konnten, in den folgenden Jahren teils im gleichen Fledermauskasten<br />
kontrolliert werden. Ziehende Arten erreichen<br />
ein deutlich geringeres Höchstalter als ortstreue. Beim Kleinen<br />
Abendsegler ist ein solches von 11 Jahren nachgewiesen.<br />
Verbreitung<br />
Das Areal des Kleinen Abendseglers erstreckt sich von Westeuropa<br />
bis nach China und Indien. Die Verbreitung im<br />
Mittelmeerraum ist aufgrund von Bearbeitungslücken noch<br />
unklar. In Irland stellt der Kleinabendsegler eine der häufigsten<br />
Arten dar, mit Wochenstuben in Gebäudequartieren<br />
mit bis zu 1000 Individuen. Während Nachweise aus Dänemark<br />
und dem übrigen Skandinavien fehlen, bildet im<br />
Baltikum und in Russland der 57. Breitengrad die nördliche<br />
Verbreitungsgrenze. Die Fortpflanzungsgebiete der europäischen<br />
Abendsegler liegen in den Neuen Bundesländern<br />
Deutschlands, in Polen, Litauen, Weissrussland, der Ukraine<br />
und Russland. In Mittel- bis Südeuropa befinden sich die<br />
Überwinterungsgebiete. Die von Kleinabendseglern zurückgelegten<br />
Distanzen liegen meist unter 1000 km. Der Streckenrekord<br />
liegt bei über 1’500 km.<br />
Ausser einem fast flächendeckenden Vorkommen im Kanton<br />
Tessin zeigt die Verbreitungskarte des Kleinen Abendseglers<br />
in der Schweiz ein dürftiges Bild. Dies trifft in weit stärkerem<br />
Masse für Österreich zu, wo noch um die Jahrtausendwende<br />
keine 50 Nachweise erbracht werden konnten. In Vorarlberg<br />
erstmals 2004 in Fledermauskästen nachgewiesen, konnten<br />
in der Zwischenzeit Ultraschallaufnahmen in verschiedenen<br />
Landesteilen gemacht werden (WALSER et al. 2009).<br />
In <strong>Liechtenstein</strong> wurde erstmals am 9. Dezember 1993 ein<br />
verletztes Männchen des Kleinen Abendseglers beim Schloss