Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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wirksam werden. Er schreibt: „Was ich den Jugendlichen heute mitgeben o<strong>der</strong> sagen<br />
möchte: Stärkt die Demokratie, seid wachsam gegenüber je<strong>der</strong> Regung von Rassismus,<br />
Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit.“ 18<br />
Dieser starke Wunsch <strong>der</strong> Überlebenden und ZeitzeugInnen, aus <strong>der</strong> pädagogischen<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Holocaust und dem Nazismus Schlüsse und<br />
Handlungsauffor<strong>der</strong>ungen für die Zukunft zu ziehen, kann in einer gegenwärtigen<br />
Vermittlungspraxis we<strong>der</strong> verleugnet werden, noch kann ihm einfach Folge geleistet<br />
werden. 19 Denn welche pädagogische und gesellschaftliche Pflicht sich aus den<br />
Verbrechen ergibt, welche Handlungskonsequenzen für die Zukunft gezogen werden<br />
sollen, sind <strong>der</strong>zeit offene, geschichtspolitisch umkämpfte Fragen, die – vor allem<br />
anhand <strong>der</strong> Stichworte Singularität und Universalisierung des Holocaust – in dieser<br />
Arbeit genauer untersucht werden.<br />
Ein Generationenwechsel in <strong>der</strong> Erinnerung ist mit <strong>der</strong> Notwendigkeit verbunden,<br />
aktuelle Neudefinitionen vorzunehmen. Der Historiker Michael Jeismann<br />
spricht sogar davon, dass es heute nicht mehr so sehr um das ginge, was tatsächlich<br />
geschah, son<strong>der</strong>n darum, „wie das Geschehene erzählt und vergegenwärtigt werden<br />
soll.“ 20 Allerdings findet die Auseinan<strong>der</strong>setzung um die Repräsentation des Holocaust,<br />
des Nazismus und des Zweiten Weltkriegs nicht im luftleeren Raum, son<strong>der</strong>n<br />
vor dem Hintergrund vergangener und aktueller geschichtspolitischer Kämpfe statt –<br />
und an diesen waren und sind Überlebende seit 1945 maßgeblich beteiligt. Eine zeitgenössische<br />
<strong>Geschichtsvermittlung</strong>stheorie und -praxis definiert sich in diesem Spannungsfeld:<br />
Sie muss sich aktuell und neu positionieren und kann dennoch nicht einfach<br />
über Definitionen und Herangehensweisen <strong>der</strong> Überlebenden – sowie damit<br />
verbundene oft stark ethisch aufgeladene Perspektiven – hinweggehen. Wenn in<br />
dieser Arbeit also stärker <strong>der</strong> aktuellen vermittlungstheoretischen These gefolgt wird,<br />
dass die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Holocaust niemanden notwendig zu einem<br />
besseren Menschen macht, soll dadurch dennoch die Aufgabe, die mit dem rabbinischen<br />
Motto angesprochen ist, nicht geschmälert werden. Und so stehen hier bewusst<br />
die Worte und Motivationen von Max Mannheimer – auch im Hinblick auf ihren<br />
18<br />
19<br />
20<br />
Ebda., S. 21.<br />
Dank an Lisa Bolyos, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass unsere Überzeugungen – die die<br />
geschichtspolitische und vermittelnde Arbeit begleiten – nicht einfach über die Wünsche und Zugänge <strong>der</strong><br />
Überlebenden hinweggehen können, wenn sie diesen auch nicht hörig Folge leisten müssen.<br />
Michael Jeismann, Auf Wie<strong>der</strong>sehen Gestern. Die deutsche Vergangenheit und die Politik von morgen,<br />
Stuttgart 2001, S. 140.<br />
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