Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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schrieben, die darin bestehen, zu untersuchen, „was an und durch Geschichte gelernt<br />
wird (empirische Aufgabe), gelernt werden kann (reflexive Aufgabe) und gelernt<br />
werden soll (normative Aufgabe)“ 126 . Geschichtsdidaktik ist also gleichermaßen<br />
deskriptiv, reflexiv und präskriptiv. 127 Mit den Demokratisierungsdebatten in <strong>der</strong><br />
Bildungswissenschaft um 1968 und mit dem reflexive turn in den Geschichtswissenschaften<br />
in den 1990er Jahren wurden alle drei Aufgaben mehrfach kritischen<br />
Relektüren unterzogen und neu formuliert. Nach einer „fundamentalen Selbstreflexion“<br />
kommt es zu einer „Neukonzeptionalisierung <strong>der</strong> Disziplin“. 128<br />
Die Paradigmenwechsel <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik nach 1945 beschreibt Bodo<br />
von Borries anhand eines Dreischritts:<br />
„Stofforientierung, Systemaffirmation und Lehrerdominanz bis 1968/70<br />
Problemorientierung, Geschichtsbewusstsein und Quellenarbeit von 1968/70 bis 1995/2000 und<br />
Methodenorientierung, Kompetenzför<strong>der</strong>ung und Schülerorientierung seit 1995/2000.“ 129<br />
Der erste Bruch lässt sich also nach 1968 feststellen: Die massiven perspektivischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen in den 1970er Jahren, die den Fokus vom Faktenwissen zur eigenständigen<br />
Erarbeitung historischer Kompetenzen – und damit auch vom Lehren zum<br />
<strong>Lernen</strong> – verschieben, wurden mit dem Begriff des historischen <strong>Lernen</strong>s zusammengefasst.<br />
Eine weitere massive Verschiebung dieser Zeit ist jene vom geschichtlichen<br />
Faktenwissen zum Geschichtsbewusstsein. Auf beide wird im Folgenden genauer<br />
eingegangen, da sie die Geschichtsdidaktik zu Nazismus und Holocaust wesentlich<br />
betreffen und verän<strong>der</strong>n. So formulierte etwa Reinhard Krammer:<br />
„Nationalsozialismus, Drittes Reich, Antisemitismus und Holocaust sind die besten Beispiele für Inhalte<br />
des Geschichtsunterrichts, die einem solchen Anspruch gerecht werden. Vieles sollten junge Menschen<br />
davon wissen, einfach deshalb, weil sie in <strong>der</strong> Zukunft dafür verantwortlich sein werden, dass die<br />
Erinnerung an diese Zeit nicht ausgelöscht wird. Diese beiden Intentionen, För<strong>der</strong>ung reflektierten<br />
Geschichtsbewusstseins und <strong>der</strong> dafür unverzichtbaren Kompetenzen […] zum einen, Vermittlung des<br />
von <strong>der</strong> Gesellschaft konsensual als wichtig empfundenen Wissen zum an<strong>der</strong>en müssen miteinan<strong>der</strong><br />
korrespondieren.“ 130<br />
Bodo von Borries’ Dreiteilung macht darüber hinaus deutlich, dass sich die<br />
126<br />
Klaus Bergmann, Geschichte in <strong>der</strong> didaktischen Reflexion, in: Handbuch <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik, Band 1, 2.<br />
Auflage, Düsseldorf 1980, S. 163.<br />
127<br />
Eine Schwierigkeit, die zugleich Potential ist und <strong>der</strong> wohl keine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Bildung entgeht,<br />
insofern es sich um eine Auseinan<strong>der</strong>setzung zwischen Theorie und Praxis handelt. Allerdings scheint es<br />
wichtig, sich darüber aufzuklären, welche <strong>der</strong> drei Aufgaben gerade am Werk ist/sind, um die Ebene <strong>der</strong><br />
Beschreibung nicht mit <strong>der</strong> Reflexion bzw. den Zielen zu verwechseln.<br />
128 Dirk Lange, Historisch-politische Didaktik. Zur Begründung historisch-politischen <strong>Lernen</strong>s, Schwalbach 2004,<br />
S. 20.<br />
129<br />
von Borries, Historisch Denken <strong>Lernen</strong>, S. 3.<br />
130<br />
Reinhard Krammer, Nationalsozialismus und Holocaust als Thema des Geschichtsunterrichts. Didaktische<br />
Anmerkungen und Vorschläge, http://www.edq.eu.com/Default.aspx?TabId=523&language=de-<br />
AT&SkinSrc=[G]Skins\EdTWIN\Print (20.01.2011).<br />
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