30.10.2013 Aufrufe

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

pielle Fragen: erstens die Frage „<strong>der</strong> natio-ethno-kulturellen Zugehörigkeitsordnung,<br />

in <strong>der</strong> Menschen unterschieden und so positioniert werden, dass ihnen unterschiedliche<br />

Werte <strong>der</strong> Anerkennung und Möglichkeiten des Handelns zugewiesen werden“<br />

und zweitens die Frage, „wie Pädagogik einen Beitrag zur (Re-)Produktion dieser<br />

Ordnung leistet und welche Möglichkeiten <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung und Schwächung dieser<br />

Ordnung gegeben sind und entwickelt werden können.“ 346 Ebenso wie bei Messerschmidt<br />

wird hier also eine selbstreflexive Perspektive in <strong>der</strong> Bildungswissenschaft<br />

eingenommen. Diese wird allerdings um einen entscheidenden Blickwinkel erweitert:<br />

die Frage nach <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Mecherils Ansatz widmet sich also<br />

einer Analyse <strong>der</strong> Machtverhältnisse im Hinblick auf ihre Verän<strong>der</strong>ung:<br />

„Insgesamt kann <strong>der</strong> migrationspädagogische Ansatz als Offerte zu einer Praxis (des Denkens, Sprechens<br />

und Handelns) verstanden werden, die von <strong>der</strong> Überzeugung getragen wird, dass es sinnvoll ist,<br />

nach Handlungs-, Erfahrungs- und Denkformen, die weniger Macht über an<strong>der</strong>e ausüben, Ausschau zu<br />

halten und sie wirklich werden zu lassen. Die Art <strong>der</strong> Kritik, die den migrationspädagogischen Ansatz<br />

kennzeichnet, kann in einem allgemeinen Sinn als suchende, notwendig reflexive, beständig zu entwickelnde<br />

und unabschließbare, gleichwohl entschiedene Praxis bezeichnet werden. Diese Praxis zielt<br />

darauf, nicht <strong>der</strong>maßen auf symbolische, räumliche, institutionelle Einteilungen von Menschen angewiesen<br />

zu sein, die ihre Würde und ihr Handlungsvermögen beschneiden.“ 347<br />

Was heißt das für die <strong>Geschichtsvermittlung</strong> im Postnazismus?<br />

Beginnen wir mit einer weiteren Problematisierung des „Othering“: Paul Mecheril<br />

macht darauf aufmerksam, dass ein Sprechen über den Holocaust in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft<br />

lei<strong>der</strong> allzu oft zu einem Sprechen über MigrantInnen wird. Er spricht<br />

von einem „Sprechen über das Sprechen über den Holocaust“, das nicht selten das<br />

Sprechen über die Massenverbrechen <strong>der</strong> Nazis selbst überschreibt, indem es den<br />

„An<strong>der</strong>en“ antisemitische Stereotype zuschreibt. Dieses Sprechen über das Sprechen<br />

wie<strong>der</strong>holt Mecheril zufolge die mächtige Unterscheidung zwischen „Wir“ und<br />

„Nicht-Wir“. 348 Dem gegenüber entwickelt er eine antiessentialistische bildungstheoretische<br />

Perspektive, die sich diesem Sprechen wi<strong>der</strong>setzt. „Die Erinnerung an<br />

den Holocaust wird nicht erst durch die Vervielfältigung <strong>der</strong> biographischen Bezüge<br />

346 Ebda., S. 15.<br />

347 Ebda., S. 19.<br />

348 Paul Mecheril, Nicht beson<strong>der</strong>s beson<strong>der</strong>s. Zur Aneignung <strong>der</strong> historischen Tatsache des Holocaust in <strong>der</strong><br />

Migrationsgesellschaft, Vortragsmanuskript, Keynote zur Tagung „Und was hat das mit mir zu tun? Perspektiven<br />

<strong>der</strong> <strong>Geschichtsvermittlung</strong> zu Nazismus und Holocaust in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft, 17.–20. November<br />

2011, Unveröffentlichtes Manuskript.<br />

104

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!