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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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wi<strong>der</strong> und lassen sich heute kritisch vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Cultural Studies und <strong>der</strong><br />

Postkolonialen Theorien hinterfragen. Eine genauere Auseinan<strong>der</strong>setzung mit ihnen<br />

scheint daher lohnenswert.<br />

Geschichtskultur<br />

Der Begriff „Geschichtskultur“ hat <strong>der</strong>zeit, weit über die Grenzen <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik<br />

hinweg, Konjunktur. Aufgekommen ist er Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre, 146 als die<br />

Geschichtsdidaktik, wie oben beschrieben, ihr Gebiet von <strong>der</strong> Schulfachdidaktik zum<br />

Geschichtsbewusstsein – also zur Frage nach <strong>der</strong> gesellschaftlichen Rolle <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

– erweitert hat. Der Begriff umfasst die Repräsentation von und den Umgang<br />

mit Geschichte. 147 Jörn Rüsen zufolge hat Geschichtskultur mindestens drei Dimensionen:<br />

eine ästhetische, eine kognitive und eine politische. In weiterer Folge spricht<br />

Rüsen noch von einer emotionalen, einer weltanschaulichen und einer religiösen<br />

Ebene. 148 Holger Thünemann erweitert diese in seiner Studie zu Holocaust-Rezeption<br />

und Geschichtskultur noch um die ökonomische Dimension, die zunehmend an<br />

Bedeutung gewinne. 149 Was bei diesen Perspektivierungen implizit angesprochen,<br />

aber nicht ausgearbeitet ist, ist die Verortung von Geschichtskultur innerhalb von<br />

Machtverhältnissen, wie sie in den Cultural Studies beschrieben wurde:<br />

Stuart Hall zufolge sind es Repräsentationen, die <strong>der</strong> Bildung von nationalen<br />

kulturellen Identitäten vorausgehen. Geschichtskultur stellt in diesem Sinne<br />

146<br />

Der Begriff wurde Mitte <strong>der</strong> 1980er Jahre in <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik geprägt. Erstmals findet er sich 1984 im<br />

Titel einer Publikation: Karl Pellens, Siegfried Quandt, Hans Süssmuth (Hg.), Geschichtskultur – Geschichtsdidaktik:<br />

Internationale Bibliographie, Pa<strong>der</strong>born – Wien u. a. 1984.<br />

147 Jörn Rüsen definiert Geschichtskultur als „praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im<br />

Leben einer Gesellschaft“. Jörn Rüsen, Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über<br />

Geschichte nachzudenken, in: Klaus Füßmann, Heinrich Theodor Grütter, Jörn Rüsen (Hg.), Historische<br />

Faszination. Geschichtskultur Heute, S. 5. An an<strong>der</strong>er Stelle spricht er von Geschichtskultur als dem<br />

„Gesamtbereich <strong>der</strong> Aktivitäten des Geschichtsbewusstseins“. Ders., Geschichtskultur, in: Klaus Bergmann,<br />

Handbuch <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik, 5. überarbeitete Auflage, Seelze-Velber 1997, S. 38. Rüsen verortet die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Geschichtskultur in <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik folgen<strong>der</strong>maßen: „Die Geschichtsdidaktik ist die<br />

Wissenschaft vom historischen <strong>Lernen</strong>. Historisches <strong>Lernen</strong> hat eine äußere und eine innere Seite. Die äußere<br />

betrifft seine Institution und Organisation, die Form <strong>der</strong> das <strong>Lernen</strong> vollziehenden Handlungen und die<br />

mannigfaltigen Bedingungen, die auf es einwirken. Zu diesen äußeren Gegebenheiten gehört die Schule, die<br />

Kultusbürokratie, die Richtlinien, die Schulbücher, die Museen, Ausstellungen, <strong>der</strong> ganze Kulturbetrieb, in dem<br />

es um Geschichte geht, staatlich organisierte Gedenkfeiern, die Massenmedien und ähnliches. All dies kann mit<br />

<strong>der</strong> Kategorie ‚Geschichtskultur’ zusammengefasst werden.“ Jörn Rüsen, Geschichtsdidaktik heute. Was und zu<br />

welchem Ende betreiben wir sie (noch)? in: Geschichte lernen 21, S. 14–19.<br />

Für die Vermittlungspraxis verdanken wir <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Geschichtskultur interessante<br />

Anregungen für die Arbeit in Gedenkstätten und Ausstellungen, mit Bil<strong>der</strong>n, Filmen und künstlerischen<br />

Arbeiten.<br />

148 Vgl. Rüsen, Was ist Geschichtskultur?, S. 3–26.<br />

149 Vgl. Holger Thünemann, Holocaust-Rezeption und Geschichtskultur. Zentrale Holocaust-Denkmäler in <strong>der</strong><br />

Kontroverse. Ein deutsch-österreichischer Vergleich, Idstein 2005, S. 18 f.<br />

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