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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Multiperspektivität<br />

„Geschichte ‚an sich’ gibt es nicht, sie wird immer aus einer bestimmten Perspektive<br />

wahrgenommen.“ 181 Mit diesen Worten beginnt <strong>der</strong> Eintrag zur Multiperspektivität im<br />

Wörterbuch Geschichtsdidaktik. Mit Multiperspektivität ist also eine Herangehensweise<br />

an Geschichte gemeint, die sich klar macht, dass historische Überlieferungen<br />

grundsätzlich perspektivisch sind und einen historischen Sachverhalt daher aus mehreren<br />

– mindestens zwei – Blickwinkeln betrachtet. Durch den Vergleich mehrerer<br />

Quellen soll es zur Fähigkeit <strong>der</strong> Analyse ihrer jeweiligen Positioniertheit kommen.<br />

Darüber hinaus bezeichnet <strong>der</strong> Begriff aber auch die unterschiedlichen Sichtweisen,<br />

die in <strong>der</strong> Gegenwart auf die Quellen und auf die Geschichte gerichtet werden. Und<br />

mehr noch: Er verweist auch auf eine Bandbreite an Möglichkeiten für zukünftige<br />

Deutungen. So for<strong>der</strong>t Jörn Rüsen: „Multiperspektivität“ bei <strong>der</strong> „historischen Wahrnehmung“,<br />

„Kontroversität“ bei <strong>der</strong> „historischen Deutung“ und „Pluralität“ bei <strong>der</strong><br />

„historischen Orientierung“. 182 Wenn Rüsen hier auch drei Begriffe für unterschiedliche<br />

Zeitlichkeiten einführt, so wird Multiperspektivität bzw. Perspektivität doch für<br />

alle drei Zeitlichkeiten eingesetzt – für die Deutung jeweils positionierter Quellen aus<br />

<strong>der</strong> Vergangenheit, für die Positioniertheiten <strong>der</strong> dabei stattfindenden Wahrnehmungen<br />

in <strong>der</strong> Gegenwart und für die Orientierung im Hinblick auf Positionen in <strong>der</strong><br />

Zukunft. So schreibt Melanie Salewski:<br />

„Wenn das Prinzip <strong>der</strong> Perspektivität Anwendung findet, sind die Schüler nicht nur einer einzigen Darstellung<br />

über historische Ereignisse ausgesetzt, son<strong>der</strong>n haben vielmehr auch die Möglichkeit, anhand<br />

<strong>der</strong> multiperspektivischen Zeugnisse und kontroversen Darstellungen über Geschehenes nachzudenken<br />

und so zu unterschiedlichen Ansichten und Urteilen zu gelangen, die in <strong>der</strong> Klasse kontrovers und<br />

diskursiv verhandelt werden.“ 183<br />

Eine wesentliche Referenz für die jüngste Konjunktur des Begriffes stellt Klaus Bergmanns<br />

Buch „Multiperspektivität. Geschichte selber denken“ dar. Hier schreibt er:<br />

„Das historische <strong>Lernen</strong> in <strong>der</strong> Schule muss immer wie<strong>der</strong> neu bedacht werden, wie ja auch Geschichte<br />

immer wie<strong>der</strong> neu gedacht wird. Die gegenwärtige Diskussion kreist um ein historisches <strong>Lernen</strong>, das es<br />

den Schülerinnen und Schülern ermöglichen soll, selbständig historisch zu denken und über Kategorien<br />

zur historischen Reflexion ihrer Lebenslagen zu verfügen. Dabei kommt einem historischen <strong>Lernen</strong>, das<br />

auf Perspektivität und Multiperspektivität abhebt, eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. Bei diesem <strong>Lernen</strong> werden<br />

Verfahren <strong>der</strong> historischen Orientierung in <strong>der</strong> Welt kennen gelernt, Kategorien historischen Den-<br />

181 Melanie Salewski, Multiperspektivität, in: Ulrich Mayer, Hans-Jürgen Pandel, Gerhard Schnei<strong>der</strong>, Bernd<br />

Schönemann (Hg.), Wörterbuch Geschichtsdidaktik, 2. Auflage, Schwalbach 2009, S. 143–144, hier S. 143.<br />

182 Vgl. Rüsen, Historisches <strong>Lernen</strong>. Grundlagen und Paradigmen, S. 156–170.<br />

183 Salewski, Multiperspektivität, S. 144.<br />

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