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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Werteerziehung durch die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Holocaust, Nazismus und<br />

Zweitem Weltkrieg so einfach auf die postnazistische Situation übertragen?<br />

Einige AutorInnen stellen dies in Frage: So beschreiben etwa Andreas Peham<br />

und Elke Rajal Holocaust Education – im Zusammenhang mit erinnern.at – als das<br />

„globale Konzept einer Werteerziehung mittels des (oft auch noch als einer unter<br />

vielen Völkermorden relativierten) Holocaust, das die Spezifika <strong>der</strong> postnationalsozialistischen<br />

Gesellschaften weitgehend außer Acht lässt”. 252 Aus diesem Grund<br />

betont Elke Rajal auch die Notwendigkeit einer Kontextgebundenheit von Bildungsansätzen<br />

zu den Massenverbrechen <strong>der</strong> Nazis. In einem NS-Nachfolgestaat bedeutet<br />

die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den Verbrechen wohl auch schon deshalb etwas an<strong>der</strong>es,<br />

weil sich hier viele SchülerInnen nicht in ferne Figuren, son<strong>der</strong>n in Mitglie<strong>der</strong> ihrer<br />

Familie hineinversetzen, wenn es um die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Geschichte von<br />

ZuschauerInnen und TäterInnen geht. Rajal schreibt,<br />

„dass aufgrund <strong>der</strong> differierenden gesellschaftlichen Strukturen und <strong>der</strong> unterschiedlichen intergenerativen<br />

Geschichtstradierungen auch die Pädagogik nach und über Auschwitz in Österreich – einem<br />

Land <strong>der</strong> (mehrheitlichen) Täter*innen/Mitläufer*innen und <strong>der</strong>en Nachkommen – eine an<strong>der</strong>e sein<br />

muss als in den ehemals alliierten Staaten o<strong>der</strong> während des Zweiten Weltkriegs besetzten Län<strong>der</strong>n mit<br />

starker Wi<strong>der</strong>standsbewegung, in nicht direkt in den Zweiten Weltkrieg involvierten Staaten o<strong>der</strong> im<br />

Opfer-Nachfolge-Staat Israel.“ 253<br />

Sie for<strong>der</strong>t daher, dass „Gesellschafts- und Antisemitismuskritik“ einen „festen Platz<br />

im Konzept <strong>der</strong> Holocaust Education“ 254 einnehmen müssten.<br />

Trotz <strong>der</strong> teilweise berechtigten Kritik an entkontextualisierenden und moralisierenden<br />

Zugängen scheint eine undifferenzierte Gegenpositionierung zu den Modellen <strong>der</strong><br />

Holocaust Education in manchen Polemiken doch zu einfach o<strong>der</strong>, gar mit einem gewissen<br />

Ressentiment und Antiamerikanismus verbunden, problematisch. So formulierte<br />

Annegret Ehmann ihre Skepsis gegenüber <strong>der</strong> Holocaust Education keineswegs<br />

als Kritik am postnazistischen Diskurs. Sie sieht das Problem vielmehr ausschließlich<br />

Gesellschaft gibt es insbeson<strong>der</strong>e zwei Stränge, die sich miteinan<strong>der</strong> verbinden: einerseits gibt es die Erinnerung<br />

<strong>der</strong> Überlebenden <strong>der</strong> Shoah, die es in Israel anfangs nicht leicht hatten, ihre Geschichte(n) zu erzählen –<br />

oft wurde ihnen von den Juden, die während des Mordens in Palästina lebten, vorgehalten, sie hätten sich ‚wie<br />

Schafe zur Schlachtbank’ führen lassen; an<strong>der</strong>erseits fiel es <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>generation des Staates Israel leichter,<br />

sich mit den jüdischen Partisanen zu identifizieren, <strong>der</strong>en heroischer Wi<strong>der</strong>stand in <strong>der</strong> israelischen Gesellschaft<br />

eher einen Platz erhielt. Ein Einbruch war <strong>der</strong> Eichmann-Prozess, <strong>der</strong> für viele Überlebende dazu führte, daß<br />

ihren Erinnerungen erstmals Bedeutung beigemessen wurde. Die maßgebliche Lehre aus <strong>der</strong> Geschichte für die<br />

Israelis was ‚nie wie<strong>der</strong> Opfer’ sein zu wollen.“ Heyl, „Holocaust Education“, S. 27–43; online:<br />

http://www.fasena.de/archiv/forschung.htm, S. 1.<br />

252 Peham/Rajal, Erziehung wozu?, S. 39.<br />

253 Rajal, Erziehung nach/über Auschwitz, S. 27.<br />

254 Ebda., S. 15.<br />

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