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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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sche Parolen geschmiert. Im April desselben Jahres fielen SchülerInnen aus zwei<br />

Klassen des Wiener Albert-Gymnasiums durch antisemitische Äußerungen und Störaktionen<br />

bei einer Gedenkreise nach Auschwitz so sehr auf, dass <strong>der</strong> Verein Morah<br />

(March of Remembrance and Hope) 448 , <strong>der</strong> die Reise organisierte, sich gezwungen<br />

sah, die Schulklassen nach Hause zu schicken. 449 Im Mai 2009 wurden Überlebende<br />

bei einer Gedenkveranstaltung im ehemaligen KZ Ebensee – nach „Sieg-Heil“-Rufen<br />

mehrerer jugendlicher Neonazis – tätlich angegriffen. 450<br />

Durch die Häufung und mediale Wirksamkeit <strong>der</strong> Vorfälle wurde öffentlich<br />

verhandelt, was in <strong>der</strong> Wissenschaft und vor allem in <strong>der</strong> pädagogischen Praxis<br />

mittlerweile als zunehmendes gesellschaftliches Phänomen beschrieben bzw. erlebt<br />

wird: 451 Rechtsextremismus bei österreichischen Jugendlichen.<br />

Die Vorfälle und ihre öffentliche Diskussion hatten die Konsequenz, dass<br />

Bundeskanzler Werner Faymann, Bundesministerin Claudia Schmied ebenso wie das<br />

Mauthausen Komitee Österreich Maßnahmenkataloge formulierten. 452<br />

In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, inwieweit die Beschäftigung<br />

mit dem Holocaust die geeignete Form ist, um Rechtsextremismus zu<br />

entgegnen. Der Rechtsextremismusexperte Heribert Schiedel formuliert in einem<br />

Interview mit <strong>der</strong> Tageszeitung Standard seine diesbezügliche Skepsis:<br />

„Ich hab erlebt, dass rechts orientierte Jugendliche sehr gut über den Nationalsozialismus Bescheid<br />

wissen und schnell bei <strong>der</strong> Verurteilung seiner Verbrechen sind. Aber dieses Wissen ist abgesperrt – es<br />

bleibt völlig isoliert vom Jugendlichen selbst. Faktenwissen mit emotionaler Nähe zu verbinden ist nicht<br />

so sehr Aufgabe <strong>der</strong> Lehrbücher, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Lehrer.“ 453<br />

Doch unabhängig von <strong>der</strong> berechtigten Frage, inwieweit sich Holocaust Education<br />

nicht unzulässig überschätzt, wenn sie davon ausgeht, anhand einer Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit dem industrialisierten Morden bessere Menschen zu generieren, bringt die<br />

zunehmende Faszination von Rechtsextremismus bei Jugendlichen dennoch einen<br />

448 http://www.morah.at (20.01.2012).<br />

449 Vgl. Schülerfahrt nach Auschwitz endet mit Eklat (14.05.2009), ORF online, u.a.<br />

http://wien.orf.at/stories/361921/ (20.01.2012).<br />

450 Zur Geschichte <strong>der</strong> Vorfälle siehe: Betrifft Wi<strong>der</strong>stand, Nr. 94/2009, S. 3.<br />

451 Vgl. etwa Christa Bauer, Willi Mernyi, Rechtsextrem, Wien, 2. Auflage 2010 sowie Heribert Schiedel, Der<br />

rechte Rand, Wien 2007. Sowohl Bauer und Mernyi als auch Schiedel warnen allerdings davor, Rechtsextremismus<br />

bloß als Jugendphänomen zu beschreiben und seine Bekämpfung auf die Jugendarbeit abzuschieben:<br />

„Der weit verbreiteten Wahrnehmung von (gewalttätigem) Neonazismus als ausschließliches Jugendphänomen<br />

entspricht auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Gegenstrategien eine Fixierung auf die Jugend- und Sozialarbeit. Da diese in <strong>der</strong><br />

Regel erst dort Anwendung findet, wo eine größere Anzahl von rechtsorientierten Jugendlichen als Problemgruppe<br />

erscheint, kommt ihr Feuerwehrcharakter zu.“ Ebda., S. 162.<br />

452 Vgl. Bundeskanzleramt, http://www.bka.gv.at/site/cob_35107/currentpage_7/6589/default.aspx (20.01.2012)<br />

sowie http://<strong>der</strong>standard.at/1242317028659/Faymann-Muessen-Schuelern-Werte-vermitteln (20.01.2012).<br />

453 http://<strong>der</strong>standard.at/3051607 (20.01.2012).<br />

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