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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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dungsprozesse können erst angestoßen werden, wenn Fragen offen sind und deutlich<br />

wird, dass auch diejenigen, die als pädagogisch Handelnde Zeitgeschichte zum Thema<br />

machen, selbst Fragen haben. Erst dann finden auch die Fragen <strong>der</strong> Teilnehmenden<br />

Resonanz, und ihr eigener Geschichtsbezug kann artikuliert werden.“ 402<br />

Neben <strong>der</strong> Offenheit ist zweitens die Möglichkeit einer reflexiven Bezugnahme auf<br />

die eigenen Fragen und Themen für die Herausbildung eines kritischen Geschichtsbewusstseins<br />

wichtig. Florian Wenninger und Peter Larndorfer berichten aus den<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> Studienfahrten zu Gedenkstätten mit SchülerInnen im Rahmen des<br />

Gedenkdiensts:<br />

„Auch in <strong>der</strong> Vermittlung konkreter Inhalte ist es uns wichtig, eine Anleitung zur eigenständigen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Nationalsozialismus und damit verbundenen Themen zu geben. Dabei<br />

erscheint es uns essenziell, die TeilnehmerInnen und ihre Meinungen ernst zu nehmen, auf Impulse<br />

seitens <strong>der</strong> Gruppe einzugehen und jede Meinung zur Diskussion zu stellen, solange es sich dabei nicht<br />

um gezielte revisionistische Meinungsmache handelt. So treten im Rahmen von Studienfahrten immer<br />

wie<strong>der</strong> antisemitische Vorstellungen latent zu Tage. Diesen wird inhaltlich, in Diskussionen und Workshops<br />

begegnet, die auf Kontextualisierung und Bewusstmachung von Vorurteilen und Klischees zielen.<br />

Wenn Jugendliche etwaige Stereotype, die ihre Vorstellungen prägen, selbst problematisieren und aus<br />

eigenem Antrieb einen adäquaten Umgang damit diskutieren, ist das ein viel wirkungsvolleres Mittel<br />

gegen latenten Rassismus o<strong>der</strong> Antisemitismus als eine Standpauke, die die Autorität des Themas und<br />

des Ortes einsetzt, um zu verhin<strong>der</strong>n, dass die TeilnehmerInnen ihre tief sitzenden Vorurteile offen<br />

thematisieren.<br />

Selbstverständlich muss es auch erlaubt sein, Erinnerungsarbeit, auch jene <strong>der</strong> GruppenleiterInnen zu<br />

kritisieren o<strong>der</strong> die Sinnhaftigkeit einer Gedenkstättenfahrt an sich in Frage zu stellen.<br />

Erinnerungspraxen dürfen hinterfragt und kritisiert werden, sie sollen nicht wie unangreifbare Dogmen<br />

erscheinen.“ 403<br />

Reflexivität war in unserem Projekt <strong>der</strong> Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit<br />

mit ExpertInnen. Mit ihnen konnte die eigene Fragestellung vor dem Hintergrund<br />

des aktuellen Forschungsstandes diskutiert werden. Die Jugendlichen haben die Erfahrung<br />

gemacht, dass sich Geschichte oft viel komplizierter darstellt, als es in den<br />

Schulbüchern erscheint, dass es wi<strong>der</strong>sprüchliche Quellen und vor allem auch Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

zwischen historischen AkteurInnen gibt. So wurde es möglich, dass nicht<br />

bloß stereotype Vorstellungen o<strong>der</strong> homogenisierte nationale Erzählungen diskutiert<br />

402 Messerschmidt, Weltbil<strong>der</strong> und Selbstbil<strong>der</strong>, S. 196.<br />

403 Florian Wenninger, Peter Larndorfer, Projektarbeit und externe Kooperationen in <strong>der</strong> historisch-politischen<br />

Bildungsarbeit mit Jugendlichen. Ein Werkstattbericht des Vereins Gedenkdienst, in: DÖW Jahrbuch 2010,<br />

Vermittlungsarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen, Wien 2010, S. 66–88, hier S. 86.<br />

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