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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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„Antisemitischen Schülermeinungen ist in <strong>der</strong> Sache stets deutlich zu wi<strong>der</strong>sprechen – bei voller Anerkennung<br />

ihrer Person. Dass diese Einstellung gelegentlich eine hohe Selbstdisziplin erfor<strong>der</strong>t, liegt auf<br />

<strong>der</strong> Hand. Freilich hängt <strong>der</strong> gewünschte Lernerfolg entscheidend von dieser Haltung ab: Emotionale,<br />

moralisierende Überreaktionen werden in den meisten Fällen jenen paranoiden Effekt zeitigen, durch<br />

den sich das antisemitische Ressentiment bestätigt sieht.“ 460<br />

Die Momente <strong>der</strong> Schließung von Raum in <strong>der</strong> pädagogischen Situation <strong>der</strong> agonistischen<br />

Kontaktzone erfolgen also durch Wi<strong>der</strong>spruch und nicht durch Ausschluss. Im<br />

Sinne des Agonismus bei Chantal Mouffe werden rechtsextreme, antisemitische und<br />

rassistische Äußerungen so we<strong>der</strong> hilflos-liberal als mögliche Sichtweisen unter<br />

an<strong>der</strong>en anerkannt, noch werden diejenigen, die sie äußern, zum moralischen Feind<br />

erklärt. Gerade die Zurückweisung bei<strong>der</strong> Alternativen macht Mouffe zufolge eine<br />

agonistische Auseinan<strong>der</strong>setzung möglich. 461 Dafür ist freilich Wissen über die Logiken<br />

des Rechtsextremismus und eine gewisse Sicherheit bei den Lehrenden 462 wichtig.<br />

Wenn dies geschieht, dann ist die Grenzziehung nicht nur Möglichkeitsbedingung für<br />

die Offenheit <strong>der</strong> Kontaktzone, son<strong>der</strong>n sie geschieht selbst als Prozess mit einem<br />

zugleich dezidierten und offenen Charakter. Diesen beschreibt Heribert Schiedel<br />

folgen<strong>der</strong>maßen:<br />

„Dieser notwendig offene Prozess zielt auf die Aufhebung <strong>der</strong> Passivität und <strong>der</strong> Ohnmacht ab. Kritische<br />

Intelligenz erschöpft sich hier nicht länger im Appell ans richtige Bewusstsein, son<strong>der</strong>n stellt Mittel und<br />

Wege bereit, die es ermöglichen, den Blick frei zu bekommen auf die Wirkungszusammenhänge mo<strong>der</strong>ner<br />

Gesellschaften. Aufklärung im wörtlichen Sinne – verstanden als permanente Reflexion über das<br />

Selbst und die Herrschaft – stellt also die beste Prävention dar.“ 463<br />

„Das heißt“, so Werner Dreier, „dass Lehrende und <strong>Lernen</strong>de gemeinsam einen<br />

demokratischen Diskurs etablieren und einüben, wie über Antisemitismus und<br />

ähnliche Themen in einer demokratischen Gesellschaft gesprochen werden kann.<br />

Damit wird auch eine konfliktorientierte Demokratie erlebbar.“ 464 Und auch Gabi<br />

Elverich betont, dass die Entwicklung eines politischen Standpunkts sowie von<br />

(Selbst-)Reflexion als Kompetenz pädagogische Ziele sind, die viel wesentlicher<br />

460 Micha Brumlik, Pädagogische Reaktionen auf Antisemitismus, in Stephan Braun, Alexan<strong>der</strong> Geisler, Martin<br />

Gerster (Hg.), Strategien <strong>der</strong> extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten, Wiesbaden 2009,<br />

S. 579–587, hier S. 586.<br />

461<br />

Vgl. Chantal Mouffe, Warum die Linke einen politischen Gegner braucht und keinen moralischen Feind, in:<br />

transversal webjournal 1/2001, http://eipcp.net/transversal/0401/mouffe/de (20.01.2012).<br />

462 „Wenn Lehrer/innen, Sozialpädagog/innen etc. in <strong>der</strong> Praxis mit rechtsextremen Einstellungen – häufig in<br />

provozieren<strong>der</strong> Art und Weise – konfrontiert werden, sind gefestigte politische Überzeugungen und Positionen<br />

unverzichtbar.“ Gabi Elverich, Hinweise für den pädagogischen Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus,<br />

in: Dietmar Molthagen, Andreas Klärner, Lorenz Korgel, Bettina Pauli, Martin Ziegenhagen (Hg.), Gegen<br />

Rechtsextremismus. Handeln für Demokratie, 2. Auflage, Bonn 2008, S. 14–23, hier S. 15.<br />

463 Schiedel, Der rechte Rand, S. 167.<br />

464 Dreier, „Die Tirolerin, die ich bin, und die Antizionistin, die ich wurde ..."<br />

151

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