Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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lich von Zuschreibungen getragenen und auf mehrheitsgesellschaftlichen Nutzen ausgerichteten<br />
Prämisse aus, dass MigrantInnen eine Bereicherung seien. Paul Mecheril<br />
zeigt auf, dass dabei allerdings An<strong>der</strong>sheit nicht nur berücksichtigt, son<strong>der</strong>n vor allem<br />
oft erst hergestellt wird: „Wichtig an dem den Bezug auf Differenz kritisierenden<br />
Ansatz ist die Einsicht, dass durch den Rückgriff etwa von sich alteritätsoffen (‚auslän<strong>der</strong>freundlich’)<br />
generierenden Bildungsinstitutionen auf kulturelle und ethnische<br />
Kategorien die Fremden als Fremde bestätigt und zuweilen erst erzeugt werden.“ 332<br />
Der Motor, mittels dessen die Differenz hergestellt wird, ist die Rede von den „an<strong>der</strong>en<br />
Kulturen“. Vielfach wurde aufgezeigt, dass <strong>der</strong> Kulturbegriff hier oft die Funktion<br />
<strong>der</strong> Abgrenzung hat und dabei durchaus rassistische Züge annehmen kann. 333 „Kultur<br />
kommt als historische Differenzierungs- und Beschreibungsform immer dann ins<br />
Spiel, wenn es um die ‚an<strong>der</strong>e Kultur’ geht. Erst in <strong>der</strong> Abgrenzung kommt <strong>der</strong><br />
Kulturdiskurs so richtig in Schwung.“ 334 Der Autor und Migrationsforscher Mark<br />
Terkessidis formuliert seine Kritik an dieser Kulturalität pointiert anhand einer eigenen<br />
Erfahrung: „Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich in <strong>der</strong> Schule, vor<br />
allem zu Beginn meiner Gymnasialzeit, oftmals zum Fachmann für Griechenland<br />
avanciert bin – in Fragen von Sprache, Geschichte o<strong>der</strong> Religion. Nun war ich zu<br />
diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Griechenland gewesen.“ 335 Ausgehend davon<br />
macht Terkessidis deutlich:<br />
„Wo die Mittel zur Reflexion fehlen, greift man auf die verbreiteten Wissensbestände zurück, und die<br />
besagen in Deutschland: Die Kin<strong>der</strong> mit Migrationshintergrund sind von vornherein an<strong>der</strong>s, selbst wenn<br />
sie ihr ganzes Leben in Deutschland verbracht haben. Das aber ist ein schwerer und folgenreicher Irrtum,<br />
da diese Herangehensweise die Kin<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s macht.“ 336<br />
Und nicht nur das, denn zuerst wird durch die Etablierung <strong>der</strong> „Interkulturalität“ eine<br />
Verschiedenheit hergestellt und in einem zweiten Schritt wird dann die Gleichheit <strong>der</strong><br />
so produzierten „An<strong>der</strong>en“ behauptet.<br />
Und damit wäre auch gleich das zentrale Problem eines dritten Ansatzes mit D<br />
– <strong>der</strong> Diversity-Pädagogik – angesprochen: Hier geht es weniger um eine Betonung<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Unterschiede als um eine behauptete allgemeine Gleichheit, trotz aller<br />
Unterschiedlichkeit – die vor dem Hintergrund eines mit Diversity einhergehenden<br />
332 Mecheril, Einführung in die Migrationspädagogik, S. 95.<br />
333 Vgl. Hakan Gürses, Funktionen <strong>der</strong> Kultur. Zur Kritik des Kulturbegriffs, Stefan Nowotny, Michael<br />
Staudigl (Hg.), Grenzen des Kulturkonzepts. Meta-Genealogien, Wien 2003, S. 13–34.<br />
334 Messerschmidt, Weltbil<strong>der</strong> und Selbstbil<strong>der</strong>, S. 111.<br />
335 Mark Terkessidis, Interkultur, Berlin 2010, S. 77.<br />
336 Ebda., S. 79.<br />
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