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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Immigration, „push“- und „pull“-Faktoren 53 beschränkten, statt. Ein neues, vielschichtigeres<br />

Verständnis von Migration mit Augenmerk auf län<strong>der</strong>übergreifende Praktiken<br />

wurde entwickelt: 54 Unter dem Stichwort „Transmigration“ o<strong>der</strong> „transnationale<br />

Migration“ geht es nunmehr darum, die Veruneindeutigungen von Zugehörigkeit, die<br />

durch Migration entstehen (wie etwa Mehrfachzugehörigkeiten und Pendelbewegungen),<br />

in den Blick zu bekommen. Dabei werden zahlreiche transnationale Räume<br />

sichtbar, die Teil des heutigen Alltags geworden sind. „Das transnationale Paradigma<br />

betont die (Möglichkeit <strong>der</strong>) Gleichzeitigkeit von Verbundenheiten zu mehreren<br />

national-kulturellen Kontexten, in <strong>der</strong> neue, transnationale Räume entstehen.“ 55<br />

Als solche transnationalen Räume – in denen Zugehörigkeiten veruneindeutigt<br />

und nationale Erzählungen erweitert bzw. in Frage gestellt werden können – sollen in<br />

dieser Arbeit auch Lernorte in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft verstanden werden.<br />

Das Paradox <strong>der</strong> Kontextgebundenheit <strong>der</strong> Transnationalität<br />

Eine kleine Zwischenbemerkung zu einem Paradox <strong>der</strong> Transnationalität soll hier<br />

nicht ausgelassen werden: Betrachtet man die Literatur zu Transnationalität, so lässt<br />

sich feststellen, dass auch diese kontextgebunden ist – und daher nicht frei von lokalspezifischen<br />

Diskursen, nationalen Machtzusammenhängen und damit verbundenen<br />

jeweils spezifischen antinationalen Kämpfen und Theoriebildungen. Einerseits wird<br />

also <strong>der</strong> nationale Rahmen transzendiert, an<strong>der</strong>erseits heißt das allerdings nicht, dass<br />

dieser nicht dennoch einen konkreten Kontext <strong>der</strong> dabei vorgenommenen Neupositionierung<br />

darstellen kann. So erzählt also auch die Überschreitung etwas von <strong>der</strong><br />

spezifischen Position mit, die sie überschreitet. Aus israelischer Perspektive lassen<br />

etwa dieselben Überlegungen und Prämissen zur Durchkreuzung und Unterwan<strong>der</strong>ung<br />

des nationalen Paradigmas an<strong>der</strong>e Bezüge und Schlüsse aufkommen als bei-<br />

53<br />

54<br />

55<br />

Eine Migrationstheorie, entwickelt von Everett S. Lee in den 1970er Jahren, geht etwa davon aus, dass sich<br />

Migrationsentscheidungen über einen „Sog“ von demografischen und ökonomischen „push- und pull Faktoren“<br />

analysieren lassen. Dies wird so beschrieben, dass manche Regionen und Faktoren Migration begünstigen und<br />

somit „hinausdrückend“ wirken und an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um eine anziehende Kraft haben. Vor diesem Hintergrund<br />

werden Ursprungslän<strong>der</strong> immer im Hinblick auf „push“ (Arbeitslosigkeit, Lohnniveau, Armut …) und Einwan<strong>der</strong>ungslän<strong>der</strong><br />

im Hinblick auf „pull“ (Arbeitsplätze, höhere Gehälter, soziale Sicherheit) untersucht. Everett S.<br />

Lee, Eine Theorie <strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>ung, in: György Szell (Hg.), Regionale Mobilität. 11 Aufsätze, München 1972, S.<br />

115–129. An<strong>der</strong>e Faktoren, wie etwa die Interessen von ArbeitgeberInnen, tauchen in diesem Modell gar nicht<br />

auf. Kritisiert wird darüber hinaus, dass die Handlungsmacht <strong>der</strong> AkteurInnen, ihre Netzwerke sowie vielschichtigere<br />

Grenzüberschreitungen und Pendelbewegungen unberücksichtigt bleiben.<br />

Vgl. Linda Basch, Nina Glick Schiller, Christina Blanc-Szanton (Hg.), Nations Unbound. Transnational<br />

Projects, Postcolonial Predicaments and Deterritorialized Nation-States, New York 1994.<br />

Castro Varela/Mecheril, Grenze und Bewegung, S. 51.<br />

23

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