Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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tismus, strukturellen Rassismen sowie eine ernsthafte Beschäftigung mit jenen Fragen<br />
und Themen, die durch alle beteiligten AkteurInnen in die Kontaktzone herein getragen<br />
werden, dabei helfen.<br />
Astrid Messerschmidt geht vor dem Hintergrund kritischer Bildungstheorie<br />
von einem wi<strong>der</strong>sprüchlichen Bildungsbegriff aus: „Bildungsprozesse enthalten in<br />
sich immer den Aspekt <strong>der</strong> Herrschaft und <strong>der</strong> Befreiung“ 472 , schreibt sie in Referenz<br />
auf Heinz-Joachim Heydorn. 473 Dies bringt sie nun mit Antisemitismus in Verbindung<br />
und fragt: „Was heißt hier Unterwerfung, was Emanzipation und wovon?“ 474 Somit<br />
richtet sie den Blick auf die Machtverhältnisse, die in je<strong>der</strong> auch noch so aufklärerisch<br />
angelegten Vermittlung am Werk sind. Und warnt vor diesem Hintergrund ebenfalls<br />
vor moralischer Disziplinierung und davor, Grenzen zu ziehen, bevor diese überhaupt<br />
überschritten worden sind: „Wird <strong>der</strong> Raum <strong>der</strong> Diskussion erweitert und die Art <strong>der</strong><br />
Thematisierung offener, kann es zwar zu problematischen Äußerungen, auch zu Verletzungen<br />
kommen, aber es eröffnet sich auch die Möglichkeit, zu dem vorzudringen,<br />
was einen selbst an <strong>der</strong> Thematik beunruhigt.“ 475<br />
Wenn wir uns also auf die Komplexität <strong>der</strong> Vermittlung über Nazismus und<br />
Holocaust in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft anhand des Ansatzes <strong>der</strong> agonistischen<br />
Kontaktzone einlassen wollen und um das Ziehen von Grenzen formulieren und<br />
einschätzen zu können, gilt es eine Fähigkeit zu entwickeln, zuzuhören. Um dies im<br />
Kontext unseres Themas ein wenig konkreter zu machen, sollen hier noch beispielhaft<br />
zwei problematische Spannungsfel<strong>der</strong> behandelt werden: Opferkonkurrenzen und <strong>der</strong><br />
Israel/Palästina-Konflikt als Projektionsfläche. Diese firmieren bewusst nicht direkt<br />
unter dem Hea<strong>der</strong> Antisemitismus, auch wenn sie doch immer wie<strong>der</strong> damit in Verbindung<br />
stehen.<br />
Opferkonkurrenzen<br />
Beginnen wir mit dem beson<strong>der</strong>s schwierigen Thema <strong>der</strong> Opferkonkurrenzen.<br />
Einerseits spiegelt sich in <strong>der</strong> Phantasie, dass JüdInnen mehr Recht auf Erinnerung<br />
hätten, ein Ressentiment gegenüber einer Opfergruppe (und teilweise die durchaus<br />
472 Messerschmidt, Verstrickungen, S. 166.<br />
473 Vgl. Heinz-Joachim Heydorn, Zum Wi<strong>der</strong>spruch im Bildungsprozess, in: <strong>der</strong>s., Bildungstheoretische und pädagogische<br />
Schriften, Werke, Bd. 4, Vaduz 1995, S. 165–178.<br />
474 Ebda.<br />
475 Messerschmidt, Verstrickungen, S. 171.<br />
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