Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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Unterrichts aufmerksam. Dies kann selbstverständlich nicht ohne Auswirkungen auf<br />
die bisher davon kaum berührt scheinenden zentralen Kategorien <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik<br />
bleiben. 194 Alavi zeigt einen Modifikationsbedarf geschichtsdidaktischer<br />
Kategorien wie Identität, Geschichtsbewusstsein und Multiperspektivität auf: 195<br />
„In den Schulen lernen inzwischen (…) zu einem hohen Prozentsatz Schülerinnen und Schüler mit<br />
höchst unterschiedlichen Herkunftstraditionen zusammen. Wenn die Gesellschaft heterogener wird und<br />
eine heterogener gewordene Schülerschaft zusammen lernt, sollte dies Konsequenzen auf den<br />
schulischen Unterricht insgesamt haben.“ 196<br />
Teilweise wurde darauf bereits in Form von Tagungen, Wettbewerben und Unterrichtsmaterialien<br />
reagiert: Mit dem 18. Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten<br />
in Deutschland 2002/2003 mit dem Thema „Weggehen – Ankommen. Migration in<br />
<strong>der</strong> Geschichte“ ging etwa ein gleichnamiges Unterrichtsmaterial einher, das sich <strong>der</strong><br />
deutschen Geschichte als Migrationsgeschichte widmet. 197<br />
Eine weitere Autorin, die in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben<br />
darf, ist Viola B. Georgi. Mit Hilfe <strong>der</strong> Geschichtsbewusstseinsforschung geht sie in<br />
ihrer Studie „Entliehene Erinnerung“ 198 <strong>der</strong> Frage nach den Bezügen von jugendlichen<br />
MigrantInnen zu Nazismus und Holocaust nach. Insofern es sich dabei um eine<br />
empirische Untersuchung anhand detaillierter, narrativ orientierter Interviews handelt,<br />
findet sich eine eingehende Reflexion und Bezugnahme auf Georgi in <strong>der</strong> parallel zu<br />
dieser Arbeit entstehenden Studie von Ines Garnitschnig. Dennoch sei hier einiges<br />
Wesentliches festgehalten: Georgi geht von <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland als<br />
Einwan<strong>der</strong>ungsland aus und erarbeitet auf <strong>der</strong> Basis von biografischen Interviews mit<br />
jungen MigrantInnen und entsprechend <strong>der</strong> Grounded Theory vier Typen von<br />
Geschichtsbezügen: Bei Typ 1 wird Georgi zufolge <strong>der</strong> Fokus auf die „Opfer <strong>der</strong> NS-<br />
194 So widmete sich auch die alle zwei Jahre stattfindende „Konferenz für Geschichtsdidaktik“ von 1. bis 3.<br />
Oktober 2003 an <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule in Freiburg dem Thema „Migration und Fremdverstehen.<br />
Geschichtsunterricht und Geschichtskultur in <strong>der</strong> multiethnischen Gesellschaft“. Dazu aus dem Vorwort des<br />
daraus hervorgegangenen Sammelbandes: „Die Wahl und die Auffächerung des Themas signalisierten, dass<br />
‚Migration’ nicht nur als ein Phänomen begriffen werden sollte, das im Rahmen einer globalisierten und<br />
internationalisierten Gesellschaft aktuell danach drängt, zum Gegenstand historischen <strong>Lernen</strong>s gemacht zu<br />
werden. Migration sollte vielmehr darüber hinaus als ein Grundtatbestand menschlichen Lebens in Vergangenheit,<br />
Gegenwart und Zukunft verstanden und in dieser Form in die Planung nicht nur einzelner Unterrichtsstunden<br />
und Ausstellungen, son<strong>der</strong>n übergreifen<strong>der</strong> Lehrpläne, Curricula, Museumskonzeptionen etc. einbezogen<br />
werden.“ Ebda., S. 11.<br />
195 Vgl. Alavi, Geschichtsunterricht in <strong>der</strong> multiethnischen Gesellschaft.<br />
196 Ebda., S. 15.<br />
197 Bodo von Borries hat die Ergebnisse (von 50 aus fast 2000 Beiträgen) analysiert und damit verbundene „gesellschafts-<br />
und geschichtspolitische Trends“, „geschichtswissenschaftliche Irrtümer und Entdeckungen“, „arbeitsmethodische<br />
Beson<strong>der</strong>heiten“ sowie „geschichtsreflexive […] Defizite und Kompetenzen“ zum Thema gemacht.<br />
Vgl. Bodo von Borries, Ergebnisse des Geschichtswettbewerbs 2002/2003 „Weggehen – Ankommen.<br />
Migration in <strong>der</strong> Geschichte“, in: Bettina Alavi, Gerd Henke-Blockschatz (Hg.), Migration und Fremdverstehen,<br />
S. 69–83.<br />
198 Georgi, Entliehene Erinnerung.<br />
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