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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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gouvernementalen Wettbewerbsdiskurses auch gerne „Chancengleichheit“ genannt<br />

wird. Doch obwohl es keine kulturelle Verschiedenheit als essentielle Differenz gibt,<br />

gibt es <strong>der</strong>zeit lei<strong>der</strong> dennoch keine reale gesellschaftliche Gleichheit zwischen<br />

MigrantInnen und Angehörigen <strong>der</strong> Dominanzkultur, da nationalstaatliche Strukturen<br />

und Gesetze ebenso wie Diskurse und Pädagogiken Unterschiede produzieren. Der<br />

Diversity-Ansatz nivelliert diese realen, gesellschaftlichen Ungleichheiten (etwa im<br />

Zugang zu Macht und Ressourcen). Astrid Messerschmidt formuliert vor diesem<br />

Hintergrund ihre massive Skepsis gegenüber <strong>der</strong> Interkulturalität:<br />

„Indem sich Konzepte des interkulturellen <strong>Lernen</strong>s auf die ‚Verschiedenheit von Kulturen’ konzentrieren,<br />

etablieren sie zugleich einen harmonisierenden Umgang mit dieser vorausgesetzten Verschiedenheit.<br />

Alle sollen gleichberechtigt sein. Es kommt dadurch in <strong>der</strong> pädagogischen Praxis zu einer doppelten<br />

Verdrängung von Konflikten: einerseits werden durch den kulturalistischen Blick soziale Ungleichheiten<br />

verdeckt, an<strong>der</strong>erseits verdrängt <strong>der</strong> harmonisierende Gleichheitsansatz die strukturelle Ebene von<br />

Ungleichheiten, die in den ungleichen Zugangsvoraussetzungen zu Macht und Ressourcen liegen.“ 337<br />

Dies führt uns zum vierten <strong>der</strong> migrationspädagogischen Ansätze. Dieser legt den<br />

Fokus auf Phänomene <strong>der</strong> Diskriminierung. So schreibt Astrid Messerschmidt zu<br />

Recht: „Wer von Diskriminierung nicht sprechen will, sollte auch von Integration<br />

schweigen.“ 338 Dabei können zwei unterschiedliche Zugänge ausgemacht werden, die<br />

beide in unterschiedlicher Weise Diskriminierung in den Vor<strong>der</strong>grund stellen und sich<br />

damit von Differenz- und Diversitätspädagogiken unterscheiden: Bei einem dieser<br />

Ansätze geht es um Antidiffamierung und bei dem an<strong>der</strong>en um Demokratisierung.<br />

Beginnen wir mit <strong>der</strong> Antidiffamierungspädagogik. Sie versucht, rassistische<br />

Stereotype in den Blick zu bringen, zu dekonstruieren und damit die Bil<strong>der</strong>, die<br />

Jugendliche haben, zu verän<strong>der</strong>n: Differenzen werden dekonstruiert und Zivilcourage<br />

geför<strong>der</strong>t. Teilweise wird Diskriminierung hier allerdings als persönliches Problem<br />

bearbeitet, ohne die Machtverhältnisse zu analysieren. Strukturelle Ausschlüsse und<br />

politische Selbstorganisation werden nur am Rande behandelt. Dies erscheint unter<br />

an<strong>der</strong>em deshalb als ungenügend und problematisch, weil es mit <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong><br />

Reduktion politischer Zusammenhänge und sozialer Probleme auf persönliche Konflikte<br />

verbunden ist, für die individuelle Lösungen erarbeitet werden. Dieses Problem<br />

stellt sich in gesteigertem Maße, insofern es eine gesellschaftliche Tendenz gibt, das<br />

Phänomen des Rassismus auf ein psychologisches Problem zu reduzieren, die sich<br />

nicht nur in pädagogischen und sozialpädagogischen Konzepten, son<strong>der</strong>n auch in<br />

337 Messerschmidt, Weltbil<strong>der</strong> und Selbstbil<strong>der</strong>, S. 117.<br />

338 Ebda., S. 91.<br />

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