30.10.2013 Aufrufe

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

schulische Pläne und didaktische Modelle umwarfen. Je offener wir agierten, desto<br />

mehr pochten die Lehrenden auf Anwesenheit und Notendruck. Möglicherweise hätte<br />

eine gewisse damit verbundene „Good Cop/Bad Cop“-Logik, in die wir dabei mit den<br />

Lehrenden gerieten, verhin<strong>der</strong>t werden können, wenn das Projekt in <strong>der</strong> Konzeptionsund<br />

Einreichungsphase kooperativer und im Hinblick auf eine langfristige Implementierung<br />

in <strong>der</strong> Schule geplant worden wäre. Ein mögliches Folgeprojekt könnte hier<br />

sicher auf den gemachten Erfahrungen aufbauen.<br />

Eine weitere sehr problematische strukturelle Dimension besteht in <strong>der</strong> Zusammensetzung<br />

unseres Projektteams. Da in unserer Teamstruktur zu wenig migrantische<br />

Positionen vertreten waren, standen wir selbst <strong>der</strong> von uns gewünschten Offenheit<br />

teilweise im Wege. Wir versuchten, diesen strukturellen Mangel durch die Einbeziehung<br />

von ExpertInnen ein wenig zu vermin<strong>der</strong>n, würden aber jedenfalls in einem<br />

Folgeprojekt eine an<strong>der</strong>e Teamstruktur wählen, in <strong>der</strong> transnationale Perspektiven und<br />

Expertisen auf allen Ebenen stärker vertreten sind.<br />

Die zweite Dimension von Schwierigkeiten würden wir im Umgang mit dem<br />

Thema verorten. Einerseits ist die Beschäftigung mit den Massenverbrechen <strong>der</strong> Nazis<br />

oft mit sozial erwünschtem Sprechen verbunden, an<strong>der</strong>erseits produziert sie Abwehr<br />

bei SchülerInnen. Astrid Messerschmidt schreibt dazu:<br />

„In jenen Teilen <strong>der</strong> dritten und vierten Generation nach 1945, die in einer Beziehung zur Täter-,<br />

Mittäter- und Zuschauergesellschaft des NS stehen, hat sich <strong>der</strong> Eindruck verfestigt, bei <strong>der</strong><br />

Geschichtsschreibung handele es sich um eine etablierte Veranstaltung, von <strong>der</strong> mehr gesellschaftliche<br />

Selbstbestätigung als Kritik ausgeht. Insbeson<strong>der</strong>e die pädagogische Erinnerungsarbeit im schulischen<br />

Kontext betrachten viele als eine Maßnahme überzeugter PädagogInnen, die ihren SchülerInnen eine<br />

übereinstimmende moralische Verurteilung <strong>der</strong> Geschehnisse abverlangen. Dieser Eindruck<br />

verselbständigt sich zunehmend, löst sich von <strong>der</strong> konkreten Erfahrung ab und wird zu einer geteilten<br />

generationellen Auffassung, die Herkunftshintergründe überbrückt.“ 382<br />

Manchmal hatte <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> SchülerInnen auch expliziter ideologische<br />

Gründe – viele Jugendliche reproduzieren Rechtsextremismen, einige wählen die<br />

FPÖ. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachen scheint es uns wichtig, unsere eigenen<br />

Positionen zugleich zu schärfen und zu hinterfragen.<br />

Da uns das „sozial erwünschte Sprechen“ ebenso problematisch scheint wie<br />

die Abwehr bzw. vor dem Hintergrund österreichischer Opfermythen und Geschichtspolitiken<br />

sogar damit zusammenhängen kann, sehen wir es zunächst als Errungenschaft<br />

an, ein Setting hergestellt zu haben, bei dem Abwehr in Bezug auf das Thema<br />

382 Messerschmidt, Erinnerungsbeziehungen in den Nachwirkungen des Nationalsozialismus, S. 2.<br />

123

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!