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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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„Zweifellos zählt zu den <strong>der</strong>zeit aktualisierten Traditionsbezügen auch <strong>der</strong> Rückgriff<br />

auf die Idee, als Moslem müsse man Juden ablehnen. Diese Vorstellung hat ihre<br />

Wurzeln nicht direkt in den in <strong>der</strong> arabisch-muslimischen Welt ausgeprägten Formen<br />

des Antisemitismus, son<strong>der</strong>n vielmehr in einer gesellschaftlichen Situation, die<br />

alltagspraktische Adaptionen eines arabisch-nationalistischen o<strong>der</strong> islamistisch<br />

grundierten antisemitischen Diskurses mit sich bringt. Der Umgang mit Min<strong>der</strong>heiten<br />

in einer Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft, die lange Zeit keine sein wollte und die Frage <strong>der</strong><br />

verweigerten Zugehörigkeiten lange verdrängt hat, trägt zum Anknüpfen an<br />

Denkmuster bei, mit denen projektive Verursacher für die eigene Misere angeboten<br />

werden. Aufgegriffen werden dabei sowohl Bil<strong>der</strong> <strong>der</strong> europäisch-christlichen<br />

Traditionen als auch aktuell populäre Auffassungen in islamisch geprägten<br />

Gesellschaften. Gerade weil <strong>der</strong> islamistische Antisemitismus auf den Fundus des<br />

christlichen Antijudaismus sowie des Antisemitismus europäischer Prägung<br />

zurückgreift, ist er so leicht anschlussfähig.“ 441<br />

Im islamischen Antisemitismus werden also alte antisemitische Ressentiments und<br />

Topoi genutzt, geschürt und mit einer Kritik an Israel bzw. einer Infragestellung von<br />

dessen Existenzrecht in Verbindung gebracht. Und in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft mit<br />

all ihren strukturellen Rassismen und Inegalitäten kommt es zu migrantischen Subjektivierungen,<br />

die sich mit dem Kampf <strong>der</strong> PalästinenserInnen identifizieren – und vor<br />

diesem Hintergrund lei<strong>der</strong> auch muslimische Antisemitismen reproduzieren. Nun ist<br />

nicht jede Bezugnahme auf Israel antisemitisch. Dennoch gibt es eben antisemitische<br />

Bezugnahmen auf Israel. Und wenn die Kritik an Israel in den Zusammenhang mit<br />

einer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Holocaust gestellt wird, so ist sie doch in jedem<br />

Fall problematisch. Um dieser komplexen Frage etwas mehr Raum zu geben, wird in<br />

Kapitel II.2.3 <strong>der</strong> Israel/Palästina-Konflikt als Projektionsfläche thematisiert.<br />

*** „Sozial erwünschtes Sprechen“<br />

Auch sozial erwünschtes Sprechen spielt bei MigrantInnen eine spezifische Rolle. Die<br />

reale strukturelle und materielle Benachteiligung von MigrantInnen in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

(u. a. durch gesetzliche Ungleichstellungen und die Ethnisierung des Sozialen)<br />

führt dazu, dass Provokation manchmal weniger sozialen Gewinn zu bringen scheint:<br />

So wurden offener und expliziter Antisemitismus in unserem Projekt eher von domi-<br />

441 Fechler/Kößler/Messerschmidt/Schäuble, Einleitung, S. 14.<br />

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