Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Umgehen mit Heterogenität als Normalfall<br />
Eine beson<strong>der</strong>s herausfor<strong>der</strong>nde Aporie – die uns bereits an mehreren Stellen begegnet<br />
ist –, ist dabei die Frage, wie die Monoperspektivität des Nationalstaatsparadigmas<br />
und <strong>der</strong> Dominazkultur herausgefor<strong>der</strong>t werden kann, ohne selbst wie<strong>der</strong>um<br />
ethnisierende Zuschreibungen und Differenzen vorzunehmen. Mit an<strong>der</strong>en Worten:<br />
Wie können wir über Differenz sprechen, ohne Differenz zu reproduzieren? 325 Astrid<br />
Messerschmidt meint dazu:<br />
„We<strong>der</strong> eine Ignoranz gegenüber dem Migrationsaspekt, noch dessen identitäre Aufladung entsprechen<br />
den gesellschaftlich-kulturellen Gegebenheiten. Anzustreben ist eher eine Kontextualisierung von<br />
Migration im Zusammenhang vielfältiger Differenzen und Zugehörigkeiten und ein Bezug zu den<br />
Erfahrungen in einem gemeinsamen gesellschaftlichen Raum, in dem Geschichte repräsentiert wird.“ 326<br />
Messerschmidt beschreibt diese Zuschreibungen von An<strong>der</strong>sheit mit den Mitteln <strong>der</strong><br />
Postkolonialen Theorie als Praxen des „Othering“ o<strong>der</strong> auch als „creating strangeness/foreignness“.<br />
327<br />
Messerschmidt geht es darum, Zuschreibungen zu verlernen und dennoch die homogene<br />
dominanzkulturelle Erzählung mit ihren Ausschlüssen zu überwinden. Dies<br />
gelingt ihr über den Weg einer Reflexivität, in <strong>der</strong> sich alle Teilnehmenden des Bildungsprozesses<br />
ihrer Involvierung in gesellschaftliche Verstrickungen bewusst werden:<br />
„Alle Beteiligten in pädagogischen Zusammenhängen sind selbst Teil <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft,<br />
und Bildungsarbeit hat die Aufgabe, das eigene Involviertsein einer<br />
Reflexion zugänglich zu machen.“ 328 Dabei gilt es auch auszuhalten, dass Lehrende<br />
nicht alles wissen und <strong>der</strong> Kanon des Lehrplans tote Winkel hat – und daher im Lernprozess<br />
durchaus herausgefor<strong>der</strong>t werden kann und soll. Messerschmidts Reflexivität<br />
öffnet also auch für neue Perspektiven und durchkreuzt dabei das klassisch hierarchische<br />
Verhältnis zwischen Lehrenden und <strong>Lernen</strong>den: „Die eigene Beziehung zu den<br />
Thematiken wahrnehmen zu können, sich in Beziehung zu denselben zu verstehen,<br />
325 Ich verdanke die konkrete Formulierung dieser Frage einer Arbeitsgruppe nach einem Vortrag von Paul<br />
Mecheril auf dem Symposium: Kunstvermittlung in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft. Eine Arbeitstagung, 27.–28.<br />
Mai 2011, Institut für Kunst im Kontext, Universität <strong>der</strong> Künste, Berlin.<br />
326 Messerschmidt, Involviertes Erinnern, S. 281.<br />
327 Astrid Messerschmidt, Intercultural Education in a post-NS society – processes of remembrance in dealing with<br />
racism and anti-Semitism, in: Heike Niedrig, Christian Ydesen (Hg.), Writing Postcolonial Histories of Intercultural<br />
Education (im Erscheinen). Sie macht deutlich: „the interest in the foreign cannot be perceived as<br />
innocent curiosity, but it belongs into the context of colonial interests.“<br />
328 Messerschmidt, Weltbil<strong>der</strong> und Selbstbil<strong>der</strong>, S. 14.<br />
97