Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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abzuschaffen.“ 456<br />
Carl Chung und Ann-Sofie Susen betonen ebenfalls, dass strukturelle Ausgrenzung<br />
und Ungleichheit Rechtsextremismus wesentlich ausmachen:<br />
„Beim Rechtsextremismus geht es im Kern um Ideologien, die eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit<br />
von Menschengruppen behaupten und sich (mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> deutlich) mit autoritären und<br />
antipluralistischen Haltungen verbinden. Gemeinsam ist den verschiedenen Varianten, dass sie Menschen<br />
nach einzelnen – oft willkürlich konstruierten – Kollektivmerkmalen Gruppen zuordnen und diese<br />
Gruppenzugehörigkeit zur bestimmenden Identität erklären. Mit dieser Aufteilung geht wenigstens<br />
implizit eine Bewertung einher, die Muster zur Ungleichbehandlung und Ausgrenzung vorzeichnet.“ 457<br />
Insofern <strong>der</strong> Rechtsextremismus also darauf abzielt, den Gleichheitsgrundsatz in<br />
Frage zu stellen, <strong>der</strong> die Basis <strong>der</strong> Kontaktzone bildet, gilt es, ihm klar und deutlich zu<br />
wi<strong>der</strong>sprechen.<br />
Doch wie können diese Grenzen nun in <strong>der</strong> Kontaktzone aussehen? Nach<br />
welchen Kriterien und mit welchen Mitteln werden sie gesetzt o<strong>der</strong> verhandelt?<br />
Handelt es sich um Sprechverbote o<strong>der</strong> um Aufklärung, um politische Positionierung,<br />
korrekte Geschichtsschreibung o<strong>der</strong> um Überzeugungsarbeit?<br />
Für Heribert Schiedel, <strong>der</strong> zahlreiche pädagogische Projekte und Workshops<br />
gegen Rechtsextremismus leitet, geht es in erster Linie um ein Beziehen von Position,<br />
bei dem die Jugendlichen ernst genommen und Wi<strong>der</strong>sprüche aufgezeigt werden.<br />
Dies geschieht ihm zufolge we<strong>der</strong> durch moralische Belehrung noch durch paternalistische<br />
KomplizInnenschaft. 458 „Es ist ein hartnäckiger und folgenschwerer Irrtum,<br />
das Ziehen von Grenzen für autoritär zu halten.“, schreibt er und fährt folgen<strong>der</strong>maßen<br />
fort:<br />
„Tatsächlich bildet das konturlose Erleben des Selbst und <strong>der</strong> Welt ja den Kern jener psychischen<br />
Pathologie, welcher auf politischer und sozialer Ebene <strong>der</strong> Rechtsextremismus entspricht. Und so wird<br />
den Jugendlichen kein guter Dienst erwiesen, wenn man ihnen jede neonazistische Provokation durchgehen<br />
lässt. Vielmehr brauchen gerade sie jemanden, an dem sie sich abarbeiten können, einen geschützten<br />
Raum, in welchem das Nachholen von Beziehungserfahrung möglich ist. Dabei muss man sich nicht<br />
verstecken, son<strong>der</strong>n sollte vielmehr zu seinen Meinungen und Idealen stehen. Sie sind es, die mich in<br />
Gegnerschaft zum Rechtsextremismus bringen und eben nicht eine allgemeine, abstrakte Moral, <strong>der</strong>en<br />
Doppelbödigkeit und Verlogenheit gerade von Jugendlichen schnell durchschaut wird.“ 459<br />
Micha Brumlik folgt <strong>der</strong>selben Argumentation, wenn er schreibt:<br />
456 Vgl. Bauer/Mernyi, Rechtsextrem sowie Schiedel, Der rechte Rand, S. 8.<br />
457 Carl Chung, Ann-Sofie Susen, Argumentative Handlungsfähigkeit trainieren, in: Stephan Braun, Alexan<strong>der</strong><br />
Geisler, Martin Gerster (Hg.), Strategien <strong>der</strong> extremen Rechten. Hintergründe – Analysen – Antworten, Wiesbaden<br />
2009, S. 618–630, hier S. 620.<br />
458 Schiedel, Der rechte Rand, S. 163: „Streetworker, denen es schwer fällt, zwischen Akzeptanz <strong>der</strong> Person und<br />
<strong>der</strong>en Einstellungen zu unterscheiden, pendeln zwischen Resignation und offener Komplizenschaft, was ihnen<br />
schon mal die Berufsbezeichnung ‚Nationalsozialarbeiter’ einbrachte.“<br />
459 Ebda., S. 163 f.<br />
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