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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Gewalterfahrung traumatisiert häufig und hinterlässt nicht selten auch charakterliche Spuren. Zudem ist<br />

<strong>der</strong> Status als Opfer an sich noch kein Verdienst, aus dem mehr o<strong>der</strong> weniger selbstverständlich auf<br />

moralische Superiorität o<strong>der</strong> erhöhtes Verständnis für gegenwärtige Probleme geschlossen werden<br />

könnte. Dazu kommen die historischen Untiefen: Der Status als NS-Opfer war abseits politisch Verfolgter<br />

nicht bewusst gewählt. Im mo<strong>der</strong>nen und weite Gesellschaftsbereiche organisierenden und kontrollierenden<br />

Staat blieb dem einmal als solchen ausgemachten Opfer ein minimaler Handlungsspielraum,<br />

unter Bedingungen <strong>der</strong> Konzentrationslager häufig nur auf Kosten an<strong>der</strong>er Opfer. We<strong>der</strong> bieten die<br />

Gewalterfahrung aber Gewähr für ein aufgeklärtes Weltbild, noch für einen vorbildlichen Lebenswandel.<br />

Die Geschichte des Faschismus aus <strong>der</strong> Opferperspektive ist häufig die einer unvermuteten,<br />

unerklärlichen Bestialität.“ 263<br />

Aus <strong>der</strong> Sicht dieser Arbeit handelt es sich darüber hinaus jedenfalls um eine ziemlich<br />

monoperspektivische Herangehensweise, wenn drei Sichtweisen adressiert werden<br />

und zahlreiche Perspektiven, die im migrationsgesellschaftlichen Klassenzimmer zu<br />

finden sind, offensichtlich ausgeschlossen bleiben. Denken wir etwa an Viola Georgis<br />

Plädoyer gegen den diskursiven Ausschluss von MigrantInnen aus den Debatten zur<br />

Geschichtskultur, scheint es wichtig die Multiperspektivität weit über die drei Dimensionen<br />

von Opfern, TäterInnen und ZuschauerInnen zu überschreiten. Teilweise wird<br />

dies heute in <strong>der</strong> Gedenkstättenpädagogik versucht, versteht diese sich doch zunehmend<br />

als transnational. Was das bedeutet, wie es dazu kam und inwieweit Gedenkstätten<br />

dabei zu <strong>Kontaktzonen</strong> wurden, behandelt das nächste Subkapitel.<br />

I.3.3 Konkretion und Partizipation in <strong>der</strong> Gedenkstättenarbeit 264<br />

„Professionell gesprochen bin ich mir nicht sicher, ob ein ehemaliges Konzentrationslager,<br />

eine Gedenkstätte <strong>der</strong> Ort ist, an dem so etwas wie Empathie erzeugt werden<br />

kann“, meint Yariv Lapid, <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Vermittlung in <strong>der</strong> Gedenkstätte Mauthausen,<br />

in einem Interview mit <strong>der</strong> Zeitschrift Malmoe.<br />

„Ich denke, das ist eher die Aufgabe an<strong>der</strong>er Gremien in dieser Gesellschaft. Ich bin <strong>der</strong> Meinung,<br />

Empathie sollte mehr über positive Dinge entstehen und nicht über negative. An einem Ort wie<br />

Mauthausen kann man vor allem Verantwortung o<strong>der</strong> Schuldgefühle lernen, Empathie sollte eher über<br />

positive Schienen laufen, über Respekt und Zuneigung etwa – das fände ich irgendwie logischer und<br />

auch besser.“ 265<br />

Dass Yariv Lapid das betont, zeugt davon, wie viele Erwartungen heute an Gedenkstättenpädagogik<br />

herangetragen werden. Von <strong>der</strong> Idee einer „Schutzimpfung gegen<br />

263 Ebda., S. 66.<br />

264 Dank an Yariv Lapid, Peter Larndorfer und Heidemarie Uhl für wichtige Gespräche und Hinweise.<br />

265 Yariv Lapid, Grenzen des Begreiflichen, in: Malmoe 47 (09.10.2009).<br />

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