Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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eagieren kann und soll. Meik Zülsdorf-Kersting plädiert für einen Ansatz, <strong>der</strong><br />
individuelle Voreinstellungen nicht unterdrückt, son<strong>der</strong>n reflektierbar macht und<br />
mehr Spielraum für Auseinan<strong>der</strong>setzung und Deutung erlaubt: „Schülerinnen und<br />
Schüler müssen beim Thema Holocaust wie bei allen an<strong>der</strong>en Themen auch<br />
uneindeutige Zusammenhänge kennenlernen, die kontroverse Urteile erlauben. Der<br />
Holocaust und seine Vorgeschichte würden keinen Deut weniger schlimm, wenn die<br />
Schülerinnen und Schüler diese Uneindeutigkeiten kontrovers diskutierten.“ 411 Das<br />
klingt plausibel, hilft aber vielleicht nicht immer, wenn es gilt, im konkreten Fall zu<br />
entscheiden, welche Grenzen überschritten und welche gesetzt werden sollen. Die<br />
Ambivalenz <strong>der</strong> Öffnung und Schließung von Räumen stellt sich daher immer wie<strong>der</strong><br />
neu, spezifisch und konkret in <strong>der</strong> <strong>Geschichtsvermittlung</strong> und Gedenkstättenarbeit. Es<br />
handelt sich dabei also auch in diesem Zusammenhang um eine wi<strong>der</strong>sprüchliche,<br />
gleichzeitig unmögliche und notwendige Aufgabe, um eine „Mission Impossible“,<br />
wie Susanne Ulrich sie nennt. Im Moment <strong>der</strong> Entwicklung von Strategien <strong>der</strong><br />
Öffnung in <strong>der</strong> Gedenkstättenpädagogik fragt sie ein weiteres Mal: „Doch wie viele<br />
Sichtweisen sind in einem ehemaligen Konzentrationslager vertretbar? Was wiegt die<br />
Meinungsfreiheit, wenn die geäußerte Meinung das Leiden <strong>der</strong> Opfer<br />
bagatellisiert?“ 412<br />
II.2.2 Schließungen: Wie umgehen mit Antisemitismus und<br />
Rechtsextremismus?<br />
So kommen wir nun also zu <strong>der</strong> Frage nach notwendigen Grenzziehungen von Seiten<br />
<strong>der</strong> VermittlerInnen. Diese geht, wie wir gesehen haben, mit einer Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit Möglichkeitsräumen und Grenzerfahrungen 413 einher. Um Grenzen ziehen<br />
zu können, scheint es zunächst einmal wichtig, eine differenziertere Perspektive auf<br />
jene Diskurse und Spannungsfel<strong>der</strong> zu werfen, die diese notwendig machen. Konkret<br />
scheint dies vor allem im Zusammenhang mit Antisemitismus und Rechtsextremis-<br />
411 Ebda.<br />
412 Susanne Ulrich, Mission Impossible? Demokratielernen an NS-Gedenkstätten, in: Barbara Thimm, Gottfried<br />
Kößler, Susanne Ulrich (Hg.), Verunsichernde Orte. Selbstverständigung und Weiterbildung in <strong>der</strong> Gedenkstättenpädagogik,<br />
Frankfurt am Main 2010, S. 53–58, hier S. 53.<br />
413 Ich danke Peter Larndorfer für diese Formulierung im Workshop im Rahmen <strong>der</strong> Tagung „Und was hat das mit<br />
mir zu tun? Perspektiven <strong>der</strong> <strong>Geschichtsvermittlung</strong> zu Nazismus und Holocaust in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft“,<br />
17.–20. November 2011, Wien.<br />
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