Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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selbstständige und aktiv-reflexive Lernprozesse. Der Begriff „historisch“ steht dabei<br />
für eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Methoden <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft, für den<br />
Erwerb von historischer Kompetenz.<br />
Geschichtsbewusstsein<br />
Neben <strong>der</strong> Kompetenz ist die wohl wesentlichste Neuorientierung die Perspektivierung<br />
auf das Geschichtsbewusstsein. Indem das Geschichtsbewusstsein zur zentralen<br />
Kategorie und zum strukturierenden Prinzip <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik wird, erweitert<br />
diese ihren Gegenstandsbereich grundlegend. Der Historiker und Geschichtsdidaktiker<br />
Karl-Ernst Jeismann prägte den Begriff des Geschichtsbewusstseins in den<br />
späten 1970er Jahren als „Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis<br />
und Zukunftsperspektive“ 135 . Damit wird <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong> Geschichtsdidaktik<br />
über die Vergangenheit hinaus auf aktuelle und prospektive Dimensionen<br />
erweitert. Das Geschichtsbewusstsein stellt ausgehend von gegenwärtigen Problemlagen<br />
Fragen an die Vergangenheit. Und mehr noch: Die Geschichte tritt teilweise<br />
sogar bereits als eine „in <strong>der</strong> Gegenwart gemachte“ in den Blick. Die Geschichtsdidaktik<br />
beschäftigt sich also nicht mehr nur mit dem Unterricht, son<strong>der</strong>n mit <strong>der</strong><br />
Analyse aller Formen von Bil<strong>der</strong>n und Rezeptionen von Geschichte. 136 So wird<br />
Geschichtsdidaktik heute auch als „Prozeß <strong>der</strong> Bildung von historischer Orientierung<br />
und Identität durch die Operation des Geschichtsbewußtseins“ 137 verstanden und als<br />
„Wissenschaft vom Geschichtsbewusstsein“ 138 beschrieben. An diesen beiden<br />
Definitionen lassen sich zwei Auslegungen geschichtsdidaktischer Praxis ablesen: Sie<br />
zeigen eine Überschneidung empirischer Befunde mit normativen Ansätzen.<br />
Geschichtsbewusstsein ist also etwas, das jedeR bereits hat, wenn er/sie in einen<br />
Vermittlungsprozesse eintritt. Dennoch ist Geschichtsbewusstsein zugleich das, was<br />
durch historisches <strong>Lernen</strong> erworben werden soll. Wichtig ist dabei, dass es verän<strong>der</strong>lich<br />
ist: „Geschichtsbewusstsein ist kein einmal erworbener gesicherter und fixierter<br />
135<br />
Karl-Ernst Jeismann, Geschichte als Horizont <strong>der</strong> Gegenwart. Über den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung,<br />
Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive, Pa<strong>der</strong>born 1985.<br />
136<br />
„Mit Hilfe <strong>der</strong> Bewusstseinskategorie kann die Geschichtsdidaktik die subjektive Seite <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit Geschichte reflektieren, die Vergangenheit konzeptionell auf die Gegenwart beziehen, historisches <strong>Lernen</strong><br />
von seiner Fixierung auf den Schulunterricht lösen, dadurch außerschulische historische Lernprozesse einbeziehen<br />
und schließlich historisches <strong>Lernen</strong> als Aspekt <strong>der</strong> Geschichtskultur analysieren.“ Lange, Historischpolitische<br />
Didaktik, S. 20.<br />
137 Rüsen, Historisches <strong>Lernen</strong>, S. 9.<br />
138 Vgl. Karl-Ernst Jeismann, Geschichte und Bildung. Beiträge zur Geschichtsdidaktik und zur historischen<br />
Bildungsforschung, Pa<strong>der</strong>born 2000.<br />
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