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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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verkompliziert sich das Sprechen. Einerseits heißt das, dass eine gemeinsame Anstrengung<br />

für eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Strukturen nötig ist. Bis dahin und darüber hinaus<br />

besteht vielleicht auch eine Möglichkeit darin, die Ausgangsfrage „Und was hat das<br />

mit mir zu tun?“ immer wie<strong>der</strong> neu zu stellen: Gemeinsam mit <strong>der</strong> Frage „Wer<br />

spricht?“ wird sie zu einem Resonanzraum für eine Thematisierung <strong>der</strong> eigenen<br />

„Privilegiertheit“ 393 , <strong>der</strong> „gestatteten Ignoranz“ 394 ebenso wie <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den eigenen Verstrickungen im postnazistischen Kontext.<br />

Aber nicht nur die SprecherInnenposition, son<strong>der</strong>n auch das Verhältnis<br />

zwischen jenen, die vermitteln und jenen, denen etwas vermittelt werden soll, kann<br />

anhand <strong>der</strong> Frage „Wer spricht?“ kritisch reflektiert werden: Denn oft sind es weniger<br />

Herkunftsbezüge als pädagogische Verhältnisse – o<strong>der</strong> beides zugleich –, die den<br />

Kontext für das bilden, was in einem Klassenzimmer gesagt und diskutiert wird bzw.<br />

gesagt und diskutiert werden kann. In diesem Sinne geht es auch darum, neue Formen<br />

<strong>der</strong> Vermittlung zu entwerfen: Denn wenn wir Räume öffnen wollen, dann müssen<br />

Ansätze einer gegenseitigen Vermittlung entwickelt werden, die eine Vervielfältigung<br />

von Geschichte(n) und ihren Bezügen möglich machen.<br />

Formate, die Sprechräume schaffen<br />

„Nicht beson<strong>der</strong>s beson<strong>der</strong>s“ 395 – mit diesen Worten bezeichnet Paul Mecheril das<br />

Sprechen von migrantischen Jugendlichen über den Zweiten Weltkrieg und die<br />

nazistischen Massenverbrechen. Aber wie kann das Beson<strong>der</strong>e zugelassen und die<br />

Konstruktion des beson<strong>der</strong>s Beson<strong>der</strong>en zugleich verlernt werden? Welche Formate<br />

müssen entwickelt werden, um <strong>der</strong> Heterogenität aktueller Lernsituationen gerecht zu<br />

werden? Und wie kann mehr sagbar und denkbar werden, ohne dabei Zuschreibungen<br />

zu machen? Paul Mecheril sagt dazu: „Wir ‚brauchen’ ethnographisch geschulte<br />

Lehrer/innen, die <strong>der</strong> Brechtschen Verfremdungstechnik mächtig sind, weil sie eine<br />

Schule des Sehens und an<strong>der</strong>en Interpretierens durchlaufen haben. Wir ‚brauchen’<br />

Sprechräume, die das Uneindeutige und Mehrwertige zulassen – auch im Hinblick auf<br />

den Holocaust.“ 396<br />

393 María do Mar Castro Varela und Nikita Dhawan sprechen in Referenz auf Gayatri Spivak davon, „Privilegien<br />

zu verlernen“. María do Mar Castro Varela, Nikita Dhawan, Postkoloniale Theorie, S. 58–61.<br />

394 „Der Prozess des Verlernens impliziert die Problematisierung <strong>der</strong> eigenen ‚gestatteten Ignoranz’“. Ebda., S. 61.<br />

395 Mecheril, Nicht beson<strong>der</strong>s beson<strong>der</strong>s.<br />

396 Ebda.<br />

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