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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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nen „als konstitutives Element des Unterrichts“ 179 in den Blick. Die Idee <strong>der</strong> „Ergebnisoffenheit“<br />

ermöglicht historische Investigationen, ohne dabei alle Ergebnisse<br />

vorher zu kennen o<strong>der</strong> vorwegnehmen zu wollen. Dabei gibt es nun durchaus Ähnlichkeiten<br />

zur Offenheit des Dreiecks <strong>der</strong> Kontaktzone. Allerdings muss aus <strong>der</strong><br />

dekonstruktiv-kritischen vermittlungstheoretischen Perspektive dieser Arbeit festgehalten<br />

werden, dass nicht jede Theorie und Praxis, die sich selbst als ergebnisoffen<br />

tituliert, den „Schwenk vom Lehren zum <strong>Lernen</strong>“ 180 tatsächlich vollzieht. Denn da, wo<br />

damit bloß gemeint ist, dass die <strong>Lernen</strong>den dort abgeholt werden sollen, wo sie<br />

stehen, handelt es sich sehr oft weiterhin um eine Orientierung an <strong>der</strong> Lehre – um eine<br />

weitere Methode, einen prädeterminierten Stoff trickreich an die Leute zu bringen, die<br />

dabei eben oft erst dorthin gestellt werden, wo sie vermeintlich stehen.<br />

Die Orientierung am Prozess des <strong>Lernen</strong>s ernst zu nehmen, müsste demgegenüber<br />

vielmehr bedeuten, dass Lehrende den SchülerInnen – ihren Fragen, Ansätzen<br />

und Forschungsinteressen – genauso sehr verpflichtet sind wie dem historischen<br />

Gegenstand. Gerade wo <strong>Lernen</strong>de als Fragende (und teilweise sogar als Forschende)<br />

auf einen Gegenstand treffen, ergeben sich neue Perspektiven. Dieser Konsequenz<br />

wird u. a. wohl deshalb gerne ausgewichen, weil Themen und Fragen <strong>der</strong> SchülerInnen<br />

den Horizont des Faktenwissens <strong>der</strong> Lehrenden überschreiten. Orientierung an<br />

den <strong>Lernen</strong>den würde allerdings bedeuten, auszuhalten, dass sich alle Beteiligten auf<br />

ungesichertes Terrain ohne Wissensvorsprung begeben, um gemeinsam anhand von<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit historischen Materialien und Medien und mithilfe historischer<br />

Kompetenzen Wissen zu erwerben und zu generieren. Die Orientierung an den<br />

<strong>Lernen</strong>den ist also eigentlich mit <strong>der</strong> Affirmation eines Kontrollverlustes verbunden,<br />

<strong>der</strong> es möglich macht, den reproduktiven Aspekt des <strong>Lernen</strong>s und Lehrens zu überschreiten.<br />

Wo Unerwartetes geschehen kann, kann historisches Wissen nicht bloß<br />

erworben, son<strong>der</strong>n auch produziert werden, können Geschichtsbil<strong>der</strong> zur Verhandlung<br />

kommen. Für eine transnationale <strong>Geschichtsvermittlung</strong> in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft<br />

scheint dieser Schritt schon deshalb unerlässlich, weil viel mehr Geschichte(n) und<br />

Geschichtsbil<strong>der</strong> im Raum stehen, als Lehrende abrufbar zur Verfügung haben<br />

können.<br />

179 Vgl. Brigitte Dehne: Schülerfragen als konstitutives Element des Geschichtsunterricht, in: GWU 51,11 (2000),<br />

S. 661–680.<br />

180 von Borries, Historisch Denken <strong>Lernen</strong>, S. 15.<br />

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