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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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tisch für die hier beschriebenen beiden Seiten <strong>der</strong> <strong>Geschichtsvermittlung</strong> stehen:<br />

Diner widmet sich in seinem Aufsatz „Gegenläufige Gedächtnisse“ 493 dem, was<br />

geschehen ist, aus einer transnationalen Perspektive, während Rothberg in seinem<br />

Buch „Multidirectional Memory“ 494 eher die Frage stellt, was die Erinnerung im<br />

Zeitalter <strong>der</strong> Dekolonisation für die Gegenwart bedeuten kann. Beide Titel alliterieren<br />

495 , benennen eine ähnliche Tatsache und doch argumentieren die Autoren ganz<br />

unterschiedlich. Dan Diner schlägt eine Neuperspektivierung in Geschichtsschreibung<br />

und öffentlichem Diskurs vor. Gegen die zunehmendene Moralisierung um eine<br />

„unterschiedslose Opferschaft“ 496 setzt er eine historisch konkrete Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

mit den Verbrechen im Zweiten Weltkrieg. Dabei sieht sich Diner auch die<br />

Geschichte des 8. Mai 1945 an und beschreibt hier unter an<strong>der</strong>em ein Massaker, das<br />

französische Sicherheitskräfte an AlgerierInnen bei den Befreiungsfeiern in Sétif<br />

verübten. 497 Bei aller erweiterten Auseinan<strong>der</strong>setzung geht es Diner dabei doch darum,<br />

die These von <strong>der</strong> Singularität des Holocaust aufrechtzuerhalten und zu untermauern.<br />

Dem diametral gegenüber geht es Rothberg darum, dass Erinnerung sich stets in ein<br />

Verhältnis zu an<strong>der</strong>en Erinnerungen setzt. Mit seinem Buch will er den Nullsummen-<br />

Konflikten 498 einer Erinnerungskonkurrenz den Ansatz <strong>der</strong> Multidirektionalität entgegensetzen.<br />

Das scheint insofern sinnvoll, als er Kämpfe um Erinnerung – wie<br />

antagonistisch sie sich auch immer äußern – als miteinan<strong>der</strong> verstrickt und sich auf<br />

einan<strong>der</strong> beziehend beschreibt. Somit kann Rothberg zeigen, dass Erinnerung nicht<br />

nur Identität produziert und stets umkämpft ist, son<strong>der</strong>n dabei immer auch Lücken,<br />

Verstrickungen, Brüche, unerwartete Ergebnisse und Beziehungen erzeugt. Und er<br />

schlägt vor, das Augenmerk auf gerade diese Multidirektionalität zu legen, die mit<br />

je<strong>der</strong> Geschichtspolitik und Geschichtsarbeit verbunden ist. So endet sein Buch mit<br />

folgenden den Handlungsraum agonistischer <strong>Kontaktzonen</strong> auf den Punkt bringenden<br />

Sätzen: „Thus, finally, un<strong>der</strong>standing political conflict entails un<strong>der</strong>standing the<br />

493 Diner, Gegenläufige Gedächtnisse.<br />

494 Michael Rothberg, Multidirectional Memory. Remembering the Holocaust in the Age of Decolonization,<br />

Stanford 2009.<br />

495 Dies legt die Vermutung nahe, dass Diner sich auf Rothberg bezieht, auch wenn er ihn nicht zitiert. Darauf<br />

macht auch Dirk Moses in einer Fußnote aufmerksam. Vgl. Moses, Hannah Arendt, Imperialisms and the<br />

Holocaust, S. 88.<br />

496 Diner, Gegenläufige Gedächtnisse, S. 9.<br />

497 Ebda., S. 64–71.<br />

498 Vgl. Rothberg, Multidirectional Memories, S. 309.<br />

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