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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Die drei Seiten des Dreiecks bezeichnen drei Aufgaben in <strong>der</strong> agonistischen Kontaktzone:<br />

a) Offenheit<br />

„Offenheit“ bezeichnet hier einen pädagogischen Umgang mit <strong>der</strong> Situation in<br />

geteilten Räumen, wie sie Bildungsräume in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft zweifelsohne<br />

darstellen. Um die Unterschiedlichkeit von Ansätzen und Zugängen nicht zu<br />

harmonisieren, son<strong>der</strong>n vielmehr zutage treten zu lassen, ist die Entwicklung von<br />

Strategien zur Erreichung einer größeren Offenheit wichtig. Dies impliziert zunächst<br />

ein Problembewusstsein für die Schließungen gängiger Unterrichtspraxen. Auf eine<br />

solche macht Mary Louise Pratt selbst aufmerksam:<br />

„What is the place of unsolicited oppositional discourse, parody, resistance, critique in the imagined<br />

classroom community? Are teachers supposed to feel that their teaching has been most successful when<br />

they have eliminated such things and unified the social world, probably in their own image? Who wins<br />

when we do that? Who loses?“ 117<br />

Ohne Frage existieren mehr Wissensarten und Diskurse in einem Klassenzimmer als<br />

von Lehrplan, -buch und -personal vorgesehen sind. Das Ziel <strong>der</strong> Offenheit kann dazu<br />

dienen, diese wirksam und agonistisch verhandelbar zu machen, statt sie zu unterdrücken<br />

und damit auf an<strong>der</strong>e Austragungsorte zu verbannen. <strong>Lernen</strong> wird so zu<br />

einem wechselseitigen Prozess.<br />

Dabei geht es allerdings gerade nicht darum, eine „heile Welt eines toleranten<br />

und friedlichen Miteinan<strong>der</strong>s“ 118 vorzugaukeln. Denken wir an die Unebenheit von<br />

Reziprozitäten in <strong>der</strong> Kontaktzone, auf die Clifford aufmerksam macht, so wird deutlich:<br />

Machtverhältnisse und politische Strukturen sollen in <strong>der</strong> Kontaktzone nicht<br />

unter den Tisch gekehrt, son<strong>der</strong>n vielmehr selbst zum Thema gemacht werden.<br />

Offenheit steht hier mit <strong>der</strong> alten pädagogischen Weisheit in Verbindung, dass<br />

die Leute dort abgeholt werden sollen, wo sie stehen – und weist sie zugleich zurück.<br />

Was dabei nämlich sehr problematisch und mit <strong>der</strong> Idee <strong>der</strong> Kontaktzone inkompatibel<br />

scheint, ist, dass die Leute zumeist zuerst irgendwohin gestellt werden, wo sie<br />

dann in weiterer Folge abgeholt werden können. (Denken wir etwa an die Zielgruppenanalysen,<br />

die <strong>der</strong> beliebten Vorstellung vom Abholen zumeist vorangehen. 119 ) Vor<br />

117 Pratt, Arts of the Contact Zone, S. 38.<br />

118 Angelika Paseka, Gesellschaft und pädagogische Praxis, in: Bettina Fritzsche, Jutta Hartmann, Andrea Schmidt,<br />

Anja Tervooren (Hg.), Dekonstruktive Pädagogik. Erziehungswissenschaftliche Debatten unter poststrukturalistischen<br />

Perspektiven, Opladen 2001, S. 187–199, hier S. 196.<br />

119 Eine ausführlichere Kritik des Konzepts des „Abholens-wo-sie-Stehen“ findet sich in: Nora Sternfeld, Der<br />

Taxispielertrick. Vermittlung zwischen Selbstregulierung und Selbstermächtigung, in: schnittpunkt – Beatrice<br />

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