Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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mus von Nöten zu sein und soll daher im Folgenden geschehen:<br />
Antisemitismus<br />
Beson<strong>der</strong>s wichtig und zugleich sensibel scheinen Grenzziehungen, wenn es um Antisemitismus<br />
geht. Dafür gilt es, diesen erst einmal zu erkennen und einzuschätzen. Die<br />
bestehende Forschungslage scheint dieser Tatsache lei<strong>der</strong> nur sehr wenig gewachsen:<br />
Denn im Diskurs <strong>der</strong> deutschsprachigen Erinnerungskultur findet eine problematische<br />
Exotisierung und Marginalisierung migrantischer SprecherInnenpositionen statt.<br />
Gleichzeitig gibt es in <strong>der</strong> Migrationsforschung und <strong>der</strong> Postkolonialen Theorie – und<br />
auch das ist lei<strong>der</strong> sehr problematisch – eine weitgehende Verleugnung von Antisemitismus<br />
sowie einen Mangel an Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dessen spezifischen Logiken<br />
und Funktionsweisen. Einerseits besteht bei einem Sprechen über Antisemitismus in<br />
<strong>der</strong> Migrationsgesellschaft also die Gefahr einer Externalisierung des Antisemitismus<br />
auf MigrantInnen – wie dies vor allem in medialen, aber auch in pädagogischen Kontexten<br />
lei<strong>der</strong> allzu häufig vorkommt. 414 An<strong>der</strong>erseits erschwert gerade diese Tatsache<br />
eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Antisemitismus, die we<strong>der</strong> rassistische Zuschreibungen<br />
reproduziert noch eine spezifische antisemitische Rhetorik bzw. neue diskursive antisemitische<br />
Angebote (die durch die Amalgamierung unterschiedlicher Stereotype<br />
entstehen) unter den Teppich kehrt. Demgegenüber scheint es für unsere Frage nach<br />
<strong>der</strong> <strong>Geschichtsvermittlung</strong> über den Holocaust in <strong>der</strong> Migrationsgesellschaft wichtig,<br />
zu einem differenzierteren Bild zu gelangen, das den Antisemitismus we<strong>der</strong> den<br />
„An<strong>der</strong>en“ zuschreibt noch verharmlost bzw. verleugnet.<br />
Insgesamt scheint die Schule in ihren Strukturen und Lehrplänen nicht genügend<br />
für die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Antisemitismus ausgestattet zu sein: Andreas<br />
Peham und Elke Rajal stellen fest, dass „Lehrende nur unzureichend auf die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit dem Antisemitismus und <strong>der</strong> Shoah im Unterricht vorbereitet“ 415<br />
seien. „Zudem legen unsere Erfahrungen im pädagogischen Feld den Verdacht nahe,<br />
dass antisemitische Stereotype manchmal auch von Seiten <strong>der</strong> Lehrenden (oft unbe-<br />
414 Vgl. Fechler/Kößler/Messerschmidt/Schäuble, Einleitung, S. 11: „Während bis zur Jahrtausendwende die<br />
pädagogische – genau wie die öffentliche – Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und dem Antisemitismus<br />
im vereinten Deutschland unter einer dominanten herkunftsdeutschen Perspektive stattfand und Funktionen<br />
des ‚Nation Building’ erfüllte – wobei Migranten und ihre Geschichts- und Gegenwartsbezüge kaum<br />
eine Rolle spielten –, tendierte die jüngste Debatte eher dazu, auf Migranten als ‚Troublemaker’ zu fokussieren<br />
und in <strong>der</strong> deutschen Gesellschaft vorhandene erinnerungspolitische Kontinuitäten und familiäre Bindungen an<br />
die NS-Volksgemeinschaft auszublenden.“<br />
415 Peham/Rajal, Antisemitismus in Österreichs Klassenzimmern.<br />
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