30.10.2013 Aufrufe

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Zweitens können Vermittlungsformate, die auf die Öffnung von Sprech-, Denk- und<br />

Handlungsräumen abzielen, <strong>der</strong> agonistischen Kontaktzone einen Rahmen geben.<br />

Wer spricht?<br />

Beginnen wir mit den Strukturen: <strong>Kontaktzonen</strong> können nur dann hergestellt werden,<br />

wenn dabei niemand zum „Objekt“ eines mächtigeren Wissens „über An<strong>der</strong>e“ 391<br />

gemacht wird und Heterogenität als Normalfall auch gelebt werden kann. Dafür<br />

müssten sich Diskurse und Strukturen des Feldes dahingehend verän<strong>der</strong>n, dass dieses<br />

nicht mehr nur von mehrheitsgesellschaftlichen VermittlerInnen bestimmt wird. Denn<br />

auch eine <strong>Geschichtsvermittlung</strong> über den Holocaust muss sich mit <strong>der</strong> Frage „Wer<br />

spricht?“ konfrontieren, wie sie in <strong>der</strong> Institutionskritik und <strong>der</strong> Migrationsforschung<br />

seit den 1990er Jahren immer wie<strong>der</strong> formuliert wurde: Wenn wir also die Vermittlung<br />

verän<strong>der</strong>n wollen, dann müssen wir auch nach den VermittlerInnen und ihren<br />

SprecherInnenpositionen fragen. Und lei<strong>der</strong> wird erinnerungskulturelle Bildungsarbeit<br />

<strong>der</strong>zeit noch weitgehend von mehrheitsgesellschaftlichen AkteurInnen – fast unter<br />

Ausschluss migrantischer SprecherInnenpositionen und marginalisierter Opfergruppen<br />

– getragen. Vor diesem Hintergrund scheint eine kritische Reflexion <strong>der</strong> Bedingungen<br />

von Wissensproduktion (an Schulen, Unis, Gedenkstätten etc.) auch für eine<br />

Herstellung von <strong>Kontaktzonen</strong> und die Öffnung von Räumen wichtig. Paul Mecheril<br />

stellt in diesem Zusammenhang einige einleuchtende Fragen: „Wie viele Wi<strong>der</strong>sprüche<br />

in Bezug auf den Themenkomplex Holocaust, die für ihn vielleicht relevant sind,<br />

kann ein muslimisch gelabelter Schüler gegenüber einem moralisierenden nichtmuslimischen,<br />

sich als ‚deutsch’ o<strong>der</strong> ‚österreichisch’ verstehenden Lehrer formulieren?<br />

Was passiert, wenn die relevanten Wi<strong>der</strong>sprüche nicht gesagt und Fragen nicht<br />

gefragt werden können/dürfen?“ 392<br />

Vor dem Hintergrund dieses weitgehenden Ausschlusses von MigrantInnen als<br />

VermittlerInnen und SprecherInnen aus <strong>der</strong> Erinnerungskultur über den Holocaust<br />

391 Vgl. Bernd Fechler, Gottfried Kößler, Astrid Messerschmidt, Barbara Schäuble, Einleitung, in: dies (Hg.), Neue<br />

Judenfeindschaft?, S. 11–29, hier S. 13: „An die Stelle <strong>der</strong> über lange Jahre auch in erziehungswissenschaftlichen<br />

Diskursen vorherrschenden Normalisierungsperspektive ist in den vergangenen Jahren eine kritische<br />

Reflexion <strong>der</strong> Ausgrenzungsprozesse innerhalb einer auf Integration zielenden Pädagogik getreten. Statt<br />

Alterität unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> Abweichung und des problematischen An<strong>der</strong>sseins zu betrachten und<br />

‚Wissen über An<strong>der</strong>e’ als ein Wissen herauszubilden, das von sich selbst absieht und zugleich eigene Vorstellungen<br />

auf An<strong>der</strong>e projiziert, werden nun die Wirkungen machtvoller Prozesse <strong>der</strong> Identifizierung und kulturalistischer<br />

Zuschreibungen analysiert.“<br />

392 Mecheril, Nicht beson<strong>der</strong>s beson<strong>der</strong>s.<br />

130

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!