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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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Handlungsoptionen 213 und Aktualisierungsansprüche. 214<br />

Dies wird – von unterschiedlichen bildungstheoretischen Seiten vor allem im<br />

deutschsprachigen Raum – im Hinblick auf eine Gefahr unzulässiger Instrumentalisierung<br />

des Holocaust kritisch hinterfragt. Andreas Peham und Elke Rajal liefern eine<br />

differenzierte Reflexion des Begriffs in seiner aktuellen Verwendung:<br />

“Holocaust Education ist <strong>der</strong> gängige Begriff für die pädagogisch-didaktisch reflektierte, schulische und<br />

außer-schulische Vermittlung des Holocaust. (…) Hier wird bereits deutlich, dass unter Holocaust<br />

Education mehr als bloße Wissensvermittlung verstanden wird: An sie werden immer auch eine Reihe<br />

von Lernzielen und Erwartungen geknüpft, wie etwa die För<strong>der</strong>ung demokratischer Denk- und Verhaltensweisen,<br />

<strong>der</strong> Abbau von Vorurteilen, Aggression und Gewalt.<br />

Unter Holocaust Education können also zwei Diskursstränge subsumiert werden: die Vermittlung eines<br />

historischen Wissens einerseits und eines ethisch fundierten Handlungsimperativs an<strong>der</strong>erseits. Der<br />

‚Argumentationstopos, dass das Gedenken an Auschwitz zur Einübung freiheitlich-demokratischen<br />

Handelns beitragen könne’, bildet dabei ‚den kaum hinterfragten Kern.’“ 215<br />

Inwieweit eine Aktualisierung, die Verbindungen zwischen dem Holocaust und<br />

aktuellen Themen vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Arbeit in agonistischen <strong>Kontaktzonen</strong><br />

knüpft, schwierig bzw. notwendig ist 216 und welche Rolle ethische Ansprüche dabei<br />

spielen können und sollen, wird in dieser Arbeit noch besprochen werden. Doch<br />

widmen wir uns zunächst den Diskussionen um die Holocaust Education: Um <strong>der</strong>en<br />

Entwicklung im Postnazismus nachzuvollziehen, lohnt sich ein Blick auf ihren Entstehungskontext<br />

in den USA, den internationalen Kontext ihrer Etablierung sowie auf<br />

ihre späte, aber zunehmende Verbreitung im deutschsprachigen Raum.<br />

(20.11.2011), und auch Thomas D. Fallace stellt in Bezug auf die ersten Holocaust-Education-Curricula, die<br />

Mitte <strong>der</strong> 1970er Jahre entstehen, fest: „The presentation of the Holocaust was designed to have the greatest<br />

possible effect on students. In this sense its purpose was not only to transmit the facts of the Holocaust, but also<br />

to transformt he attitudes of future citizens – a central goal of the social studies in general.“ Thomas D. Fallace,<br />

The Origins of Holocaust Education in American Public Schools, in: Holocaust and Genocide Studies, V20/Nr.<br />

1/Spring 2006, S. 92.<br />

213 Doch auch in <strong>der</strong> US-amerikanischen Literatur ist die Frage, ob und was aus <strong>der</strong> Geschichte des Holocaust für<br />

die Zukunft zu lernen wäre, umstritten. So schreibt etwa Berel Lang: „Would we dare to ask someone that is<br />

dying what ‚lessons’ his experience promised for us, the living? And what would we expect to ‚learn’ from the<br />

response if we did venture the question?” Berel Lang, The future of the Holocaust between history and memory,<br />

Ithaca 1999, S. 174.<br />

214 Die Debatte um die Holocaust Education wird auch in den USA keineswegs einhellig geführt. Peter Novick<br />

sieht etwa das Potential <strong>der</strong> Holocaust Education für die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> US-amerikanischen<br />

Gegenwart mit einiger Skepsis: „The principal lesson of the Holocaust, it is frequently said, that it sensitises us<br />

to oppression and atrocity. In principle it might, and I don’t doubt that sometimes it does. But making it the<br />

benchmark of oppression and atrocity works in precisely the opposite direction, trivialising crimes of lesser<br />

magnitude.“, Peter Novick, The Holocaust in American Life, New York 1999, S. 14 und Simone A. Schweber<br />

spricht von einer „Holocaust Fatigue“ in <strong>der</strong> pädagogischen Praxis. Vgl. Simone Schweber, Holocaust Fatigue,<br />

in: teaching today. Social Education, 7/2006, S. 44–50<br />

215 Andreas Peham, Elke Rajal, Erziehung wozu? Holocaust und Rechtsextremismus in <strong>der</strong> Schule, in: Dokumentationsarchiv<br />

des österreichischen Wi<strong>der</strong>standes (Hg.), Jahrbuch 2010, Vermittlungsarbeit mit Jugendlichen und<br />

Erwachsenen, Wien 2010, S. 38–65, hier S. 40.<br />

216 Vgl. das Kapitel II.3 Was geschehen ist und was es für die Gegenwart bedeutet.<br />

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