Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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Zeitgeschichte und entwickelt dabei ein „Instrumentarium von Wi<strong>der</strong>spruchsanalysen“:<br />
einen reflexiven Zugang, <strong>der</strong> Ungleichheiten benennt, Machtverhältnisse in den<br />
Blick nimmt und Ausschlüsse analysiert, in die die Pädagogik mit ihren Begriffen und<br />
Handlungsansätzen involviert ist. Doch auch darin liegt ihr zufolge ein bildungsimmanenter<br />
Wi<strong>der</strong>spruch: „Die Mittäterschaft an Herrschaft bei gleichzeitiger Kritik an<br />
herrschaftlich strukturierter Bildung macht die innere Zwiespältigkeit von Bildungsprozessen<br />
aus, die sich mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in einer globalisierten<br />
Einwan<strong>der</strong>ungsgesellschaft auseinan<strong>der</strong>setzen.“ 319 Ein solcher reflexiver Ansatz steht<br />
im Kontext des breiteren Zusammenhangs einer reflexiven Erziehungswissenschaft –<br />
als Begriff entstand diese vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne zu Beginn <strong>der</strong><br />
1990er Jahre; 320 als umfassen<strong>der</strong>es bildungswissenschaftliches Projekt entwickelte sie<br />
sich verstärkt in den letzten Jahren. 321 Messerschmidt radikalisiert allerdings die<br />
reflexive Bildungswissenschaft vor dem Hintergrund von Postkolonialismus und<br />
Postnazismus und wendet sie zugleich stark selbstreflexiv an. So schreibt sie:<br />
„Anknüpfend an die vielfältigen Einsprüche gegenüber einem in sich ungebrochenen<br />
Bildungsbegriff erscheint es mir angemessen, von einem Konzept <strong>der</strong> Bildung<br />
auszugehen, das es mir ermöglicht, Brüche und Infragestellungen meiner eigenen<br />
durch Bildung angeeigneten Selbst- und Weltbil<strong>der</strong> zu artikulieren.“ 322 Bildung<br />
versteht Astrid Messerschmidt also als kritische Selbstreflexion und als Praxis <strong>der</strong><br />
Reflexion in umstrittenen gesellschaftlichen Fel<strong>der</strong>n. 323 Sie spricht von „involvierten<br />
Bildungsprozessen“: „Eine kritische Bildungstheorie, die Engagement nicht<br />
suspendieren will, muss sich mit tief greifenden Verunsicherungen auseinan<strong>der</strong>setzen,<br />
die ihre Protagonist/innen im Zentrum ihrer Überzeugung treffen und von ihnen<br />
verlangen, das eigene Involviertsein in die kritisierten Verhältnisse offen zu legen.“ 324<br />
319 Ebda., S. 9.<br />
320 Dieter Lenzen, Reflexive Erziehungswissenschaft am Ausgang des postmo<strong>der</strong>nen Jahrzehnts o<strong>der</strong> Why should<br />
anyone be afraid of red, yellow and blue? In: Dietrich Benner, Dieter Lenzen, Hans-Uwe Otto (Hg.), Erziehungswissenschaft<br />
zwischen Mo<strong>der</strong>nisierung und Mo<strong>der</strong>nitätskrise. Beiträge zum 13. Kongress <strong>der</strong> Deutschen<br />
Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 16.–18. März 1992 an <strong>der</strong> Freien Universität Berlin. Zeitschrift<br />
für Pädagogik: 29. Beiheft, Weinheim – Basel 1992, S. 75–91.<br />
321 Vgl. Barbara Friebertshäuser, Markus Rieger-Ladich, Lothar Wigger (Hg.), Reflexive Erziehungswissenschaft.<br />
Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu, 2. Auflage, Wiesbaden 2009. Aus gouvernementalitätstheoretischer<br />
Perspektive wurde Reflexivität in <strong>der</strong> Bildungsarbeit bereits kritisch als zwischen Affirmation<br />
und Kritik angesiedelt analysiert. Vgl. Michael Winkler, Reflexive Pädagogik, in: Heinz Sünker, Heinz-Hermann<br />
Krüger (Hg.), Kritische Erziehungswissenschaft am Neubeginn?!, Frankfurt am Main 1999, S. 270–299,<br />
sowie Susanne Weber, Susanne Maurer (Hg.), Gouvernementalität und Erziehungswissenschaft. Wissen,<br />
Macht, Transformation, Wiesbaden 2006.<br />
322 Messerschmidt, Weltbil<strong>der</strong> und Selbstbil<strong>der</strong>, S. 16.<br />
323 Ebda.<br />
324 Ebda., S. 17.<br />
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