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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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contemporary events and issues“ und drittens „help students navigate value conflicts<br />

in the present and empower them to prevent genocides in the future“. 234 Offensichtlich<br />

wurden die Materialien mitten in einer Migrationsgesellschaft und diese bewusst<br />

adressierend entwickelt. Aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Holocaust Education scheint die Verbindung<br />

<strong>der</strong> Thematiken <strong>der</strong> Massenverbrechen <strong>der</strong> Nazis einerseits und des Rassismus<br />

an<strong>der</strong>erseits also auf <strong>der</strong> Hand zu liegen. Die Jugendlichen, die mit den Materialien<br />

adressiert wurden, schienen damit auch viel anfangen zu können. Auch werden<br />

sowohl Prozessualität ermöglicht als auch klare Positionierung erwartet. Allerdings<br />

scheint dabei die Funktion von Moralerziehung als Herrschaftstechnik 235 an keiner<br />

Stelle reflektiert zu werden. Mary Johnson von Facing History and Ourselves<br />

beschreibt den Anspruch:<br />

„Facing History and Ourselves appelliert an Schüler jeden Alters und verschiedener ethnischer, religiöser<br />

und kultureller Hintergründe. Indem die Vorstellung, daß Geschichte ein Zweig <strong>der</strong> Moralphilosophie<br />

sei, wie<strong>der</strong>belebt wird, läßt Facing History diese Disziplin für gegenwärtige Überlegungen<br />

relevant werden und zwingt die Teilnehmer zu fragen, was sie tun würden, wenn sie mit moralischen<br />

Entscheidungssituationen konfrontiert würden.“ 236<br />

Der Zwang tritt in diesem Zitat deutlich zutage. Handelt es sich dabei um einen<br />

Zwang zur Freiheit? Dies bleibt fraglich, denn die Entscheidungssituationen scheinen<br />

sowohl in Bezug auf die Geschichte als auch auf die Gegenwart kaum offen formuliert<br />

zu sein. Alle Themenkomplexe zielen zwar auf Aktivierung und zeugen auch von<br />

einer klaren Position <strong>der</strong> EntwicklerInnen <strong>der</strong> Curricula: gegen die nukleare Aufrüstung,<br />

gegen den Vietnamkrieg, gegen den US-amerikanischen Alltagsrassismus 237 .<br />

Doch wenn all diese Formen <strong>der</strong> Aktualisierungen bereits feststehen und sowohl<br />

Ausgangspunkt (<strong>der</strong> Holocaust) als auch Ziel <strong>der</strong> Education (gegen die nukleare<br />

Aufrüstung, gegen den Vietnamkrieg und den US-amerikanischen Alltagsrassismus)<br />

234 Fallace, The Origins of Holocaust Education, S. 96.<br />

235 Eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den fließenden Grenzen zwischen notwendiger Positioniertheit <strong>der</strong> eigenen Arbeit<br />

einerseits und <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Manipulation an<strong>der</strong>erseits scheint hier wichtig. Im deutschsprachigen Kontext<br />

einer kritischen politischen Bildung wird dies seit einigen Jahren thematisiert. „Manipulation vermeiden“ gehört<br />

so etwa zu den Übungen, die im Zuge des Modellprojekts „Gedenkstättenpädagogik und Gegenwartsbezug<br />

– Selbstverständigung und Konzeptentwicklung“ 2007–2010 entwickelt wurden. Hier ein Zitat aus dem<br />

Übungsteil: „Im pädagogischen Handeln ist Einflussnahme Teil des pädagogischen Prozesses. Im besten Falle<br />

ist sie für alle Beteiligten transparent. Die Intentionen <strong>der</strong> Lehrenden sollten den <strong>Lernen</strong>den bekannt o<strong>der</strong><br />

zumindest erfragbar sein. Im Gegensatz dazu ist Manipulation <strong>der</strong> Versuch, gezielt o<strong>der</strong> verdeckt Meinungsbildung<br />

und/o<strong>der</strong> Bewusstsein zu lenken bzw. zu prägen. […] Gedenkstätten sind Orte, <strong>der</strong>en Geschichte als<br />

überwältigend wahrgenommen werden kann. Deshalb sollte dort beson<strong>der</strong>s sensibel mit dem Thema Manipulation<br />

umgegangen und auf Transparenz geachtet werden. Ziele <strong>der</strong> Übung: […] Die Unterscheidung zwischen<br />

unproblematischem und problematischem pädagogischen Vorgehen reflektieren bzw. sich darüber austauschen.“<br />

Thimm/Kößler/Ulrich (Hg.), Verunsichernde Orte, S. 152.<br />

236 Johnson, Facing History, S. 272.<br />

237 Weniger geht es allerdings um rassistische Polizeigewalt und Justiz.<br />

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