Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen
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gegen Rechtsextremismus wirksam werden können als moralische Sprechverbote. 465<br />
Denn oft genug führen diese lei<strong>der</strong> zu einem weiter oben bereits angesprochenen<br />
sozial erwünschten Parallelsprechen bei den SchülerInnen.<br />
Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, wie viel und welche Art <strong>der</strong> Aufmerksamkeit<br />
rechtsextremen Äußerungen in Vermittlungssituationen gewidmet<br />
werden soll. Dazu schreibt Heribert Schiedel:<br />
„Auch rechtsorientierten Jugendlichen dient das Klassenzimmer als Bühne ihrer inszenierten Auflehnung.<br />
Ob und in wie weit diese Inszenierung aufgeht, ist maßgeblich vom erwachsenen Gegenüber abhängig.<br />
Wichtig ist das richtige Maß an Aufmerksamkeit: Nicht je<strong>der</strong> braune Rülpser verdient diese im<br />
vollen Umfang. Oft ist es besser, eine antisemitische o<strong>der</strong> rassistische Provokation einfach ins Leere<br />
laufen zu lassen und erst später im unmittelbaren Gespräch mit <strong>der</strong>/dem Betroffenen darauf zu reagieren.<br />
Zudem verringert sich so die Gefahr, dass Jugendliche weiter auf diese Art und Weise um Aufmerksamkeit<br />
buhlen. Wenn auch so lange wie möglich versucht werden soll, den Gesprächskontakt nicht abreißen<br />
zu lassen, ist es dennoch wichtig, sich nicht die Themen vorgeben zu lassen. Nicht zuletzt dazu müssten<br />
PädagogInnen verstärkt in die Lage versetzt werden, den latenten Bedeutungsgehalt antisemitischer und<br />
rassistischer Diskurse zu erkennen.“ 466<br />
Zu guter Letzt möchte ich hier noch einmal deutlich machen, dass es keinen Grund<br />
gibt, warum die Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Nazismus und Holocaust <strong>der</strong> einzige o<strong>der</strong><br />
auch nur <strong>der</strong> bevorzugte Zusammenhang sein sollte, um sich mit Antisemitismus und<br />
Rechtsextremismus zu beschäftigen. In diesem Sinne kann die pädagogische Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
damit im Kontext des Themas dieser Arbeit auch lei<strong>der</strong> nicht erschöpfend<br />
behandelt werden. Wichtig scheint, dass es im Schulzusammenhang insgesamt<br />
mehr Raum für eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Antisemitismus, seinen Logiken, Funktions-<br />
und Wirkungsweisen gibt und die Lehrenden besser dafür ausgebildet werden.<br />
Weiters kann <strong>der</strong> Faszination, die Rechtsextremismus und seine trügerischen Versprechungen<br />
von Zugehörigkeit, Freundschaft, Gemeinschaft, Freizeitgestaltung, Sicherheit<br />
und Stärke 467 ausüben, wohl nur mit Zeit und vielfältigen unterschiedlichen Strategien<br />
entgegengewirkt werden. Wie diese Strategien in <strong>der</strong> agonistischen Kontaktzone<br />
zu beschreiben und zu entwickeln wären, müsste Gegenstand eines weiterführenden<br />
Projekts sein. 468<br />
465 Vgl. Elverich, Hinweise für den pädagogischen Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus, S. 17–22.<br />
466 Schiedel, Der rechte Rand, S. 166.<br />
467 Vgl. Bauer/Mernyi, Rechtsextrem, S. 70.<br />
468 Micha Brumlik zufolge „beruhen sinnvolle Strategien gegen Antisemitismus auf einem methodischen Dreieck,<br />
das erstens den Abbau von Informationsdefiziten und die Präsentation realer historischer und sozialer Lagen,<br />
zweitens die Konfrontation mit eigenen Vorurteilsstrukturen sowie drittens die För<strong>der</strong>ung von Empathie bezüglich<br />
<strong>der</strong> Opfer von antisemitischer, rassistischer und sexistischer Diskriminierung und Verfolgung umschreibt.“<br />
Brumlik, Pädagogische Reaktionen auf Antisemitismus, S. 585.<br />
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