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Kontaktzonen der Geschichtsvermittlung Transnationales Lernen

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explizite Vorstellung einer jüdischen Macht). An<strong>der</strong>erseits ist die Tatsache nicht ganz<br />

von <strong>der</strong> Hand zu weisen, dass <strong>der</strong> gouvernementale opferzentrierte, moralisierende<br />

Erinnerungsdiskurs auch Ausschlüsse produziert. Was wissen wir etwa über die<br />

Geschichte <strong>der</strong> Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung von Roma und Sinti?<br />

Wieviel Raum nimmt diese im Schulunterricht ein? Werden die nazistischen Verbrechen<br />

am Balkan jemals Thema in <strong>der</strong> Schule? Wir die rassistische Diskriminierung<br />

von Schwarzen Menschen und People of Colour angesprochen? Inwieweit werden<br />

koloniale und postkoloniale Geschichten des Nazismus einbezogen? Diese Fragen 476<br />

zielen darauf ab, darauf aufmerksam zu machen, dass Nazismus und Holocaust in <strong>der</strong><br />

Schule und in Gedenkstätten offensichtlich sehr monoperspektivisch, viel zu wenig<br />

transnational und auf sehr reduzierte thematische Fragen hin behandelt werden –<br />

Bernd Fechler spricht von einer „Fixierung auf die spezifisch deutsche Thematik“. 477<br />

Darüber hinaus lässt sich auch noch fragen, warum es in <strong>der</strong> Schule kaum<br />

Platz für Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit aktuellen Konflikten und Diskriminierungen gibt,<br />

die es den SchülerInnen ermöglichen würden, Position zu beziehen. Auch wenn in<br />

diesem Fall die Vermittlung über den Holocaust nicht unbedingt geeignet erscheint,<br />

alle möglichen Themen an seiner Stelle zu behandeln, ist es dennoch wichtig, sich vor<br />

Augen zu führen, dass vor dem Hintergrund <strong>der</strong> „Globalisierung des Holocaust“ sehr<br />

viele Themen im Raum stehen, wenn er behandelt wird. So werden über Opferkonkurrenzen<br />

Anerkennungskonflikte ausgetragen. Bernd Fechler plädiert in diesem Zusammenhang<br />

für eine Aufmerksamkeit für das, was Jugendliche meinen und sagen,<br />

im Hinblick auf die Ermöglichung einer auf Glaubwürdigkeit basierenden Form von<br />

Autorität.<br />

„Vielmehr klingen in den Stellungnahmen <strong>der</strong> Jugendlichen durchaus ernst zu nehmende Motive und<br />

Anliegen an, die nicht einfach autoritär gedeckelt werden können. Neben einem generellen Interesse an<br />

<strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung über politische und moralische Themen geht es den Jugendlichen vor allem um<br />

Fragen <strong>der</strong> Gerechtigkeit und eines fairen Umgangs mit Diskriminierung. Die Jugendlichen for<strong>der</strong>n die<br />

Anerkennung eigener Opfererfahrungen.“ 478<br />

Grundsätzlich ist die Reklamation von Anerkennung nicht notwendig ein Grund für<br />

Konkurrenz, son<strong>der</strong>n könnte auch einer für Solidarität sein. Doch eine solche Solidarität<br />

ist nicht selbstverständlich und kann vielleicht – dekonstruktiv gefasst – als ein<br />

476 Mangels empirischer Untersuchungen sind sie in Frageform formuliert. Eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit mehreren<br />

Schulbüchern in dem Projekt zeigte jedenfalls, dass all diese Fragen auf tote Winkel <strong>der</strong> gängigen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

hinweisen.<br />

477 Bernd Fechler, Antisemitismus im globalisierten Klassenzimmer, in: Fechler/Kößler/Messerschmidt/Schäuble<br />

(Hg.), Neue Judenfeindschaft?, S. 198.<br />

478 Ebda., S. 189.<br />

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